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„C2Land is now in Control“ heißt es an einem sonnigen Wintertag auf einem Flugplatz in Süddeutschland. Konzentrierte Gesichter verfolgen jede Bewegung und jeden Messwert auf der Bodenstation. Das Fluggerät steht zunächst wie festgenagelt in der Luft, dreht sich dann und fliegt zielgenau dem Landeplatz entgegen – und das selbstständig, ohne dass ein Pilot eingreift.
Unter dem Fluggerät sind vier Kameras installiert. Sie sind die Augen des Fluggeräts und beobachten ständig Umgebung und Landeplatz. „Der wichtigste Sinn des Menschen beim Autofahren und beim Fliegen ist das Sehen. Ein Autopilot sollte auch auf diese sehr informationsreichen Sinneseindrücke zurückgreifen können – muss sie aber auch verarbeiten können“, sagt der technische Projektleiter von C2Land, Finn Hübner.
„Unser Team vom Institut für Flugführung der TU Braunschweig hat ein Bildverarbeitungssystem entwickelt, das die verschiedenen Elemente eines Landeplatzes erkennen und daraus auf seinen eigenen Flugzustand bzw. auf seine Position schließen kann. Diese Positionsberechnung funktioniert komplett unabhängig von anderen technischen Hilfsmitteln.“
Satellitengestützte Navigationssysteme erreichen im Allgemeinen zwar eine ausreichende Genauigkeit, um präzise Landungen durchzuführen. Jedoch lässt sich nicht ohne weiteres überprüfen, ob die Lösung auch korrekt ist – ein Problem nicht zuletzt bei den derzeit immer öfter auftretenden Störungen und Manipulationen des Satellitensignals u.a. durch militärische Akteure. Hier kommt die optische Position ins Spiel, mit der die Integrität der gesamten Lokalisierungslösung autonom und fortwährend geprüft werden kann. Erst so kann das Vertrauen in die Gesamtlösung so weit gesteigert werden, dass sie bis zum Aufsetzen für einen Autopiloten verwendbar ist.
Darauf aufbauend hat das Institut für Flugsystemdynamik der TU München einen Flugregler entwickelt, der das neuartige Fluggerät automatisch entlang eines optimierten Flugpfades bis zum Aufsetzen steuert. Die besonderen dynamischen Eigenschaften eines solchen VTOLs mit vielen kleinen Rotoren statt einem großen trägen Antrieb mussten dabei berücksichtigt werden. Um zudem den optimalen Flugweg zu finden, wurde ein besonderer Optimierungsalgorithmus entwickelt, der sowohl eine möglichst energieeffiziente Route findet, als auch das Risiko minimiert, dass unsichere Flugzustände auftreten.
Während einer autonomen Landung muss außerdem die Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmer im Luftraum gewährleistet werden. Die f.u.n.k.e Avionics GmbH hat dafür ein transponderbasiertes Antikollisionssystem entwickelt, das im Zweifelsfall durch Ausweichbefehle die Situation entschärft. Damit das unbemannte C2Land-System im Flug überwacht wird und Befehle übermittelt werden können, wurden zudem Avionik-Komponenten zum Austausch, zur Aufzeichnung und telemetrischen Übertragung von Systemdaten bereitgestellt.
Gemeinsam mit dem Projektpartner Volocopter wurde schließlich die Sensorik in eVTOL-Prototypen (eVTOL: electric Vertical Take-Off and Landing aircraft, elektrisch angetriebenes Fluggerät, das senkrecht starten und landen kann) eingebaut und in realistischen Flugtests validiert. Diese elektrisch angetriebenen Versuchsträger sollen in Zukunft als sichere, leise und emissionsfreie Mobilitätsform bestehende Verkehrssysteme ergänzen, indem sie überlastete Straßen überfliegen und so den städtischen Straßenverkehr entlasten.
Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte (FKZ: 50NA2003) und durch das DLR Raumfahrtmanagement administrierte Projekt C2Land C2 wurde nun erfolgreich abgeschlossen. „Wir konnten die technische Machbarkeit eines optischen automatischen Landesystems für diese neue Luftfahrzeugklasse zeigen“, sagt Hübner. Bis zur kommerziellen Nutzung des Systems in einem vollständig autonomen Flugtaxi würde es wohl noch etwas dauern. Es müsse dazu auf weitere Flugphasen erweitert, der Testaufbau miniaturisiert und mittels Risikoanalysen und ausgedehnten Testreihen die Zulassung durch die verantwortlichen Luftfahrtbehörden vorbereitet werden. Außerdem könne das Konzept in VTOLs und Hubschrauber integriert die Piloten unterstützen und so die Landung noch sicherer machen.
Kontakt:
M. Sc. Finn Hübner
Technische Universität Braunschweig
Institut für Flugführung
Hermann-Blenk-Str. 27
38108 Braunschweig
Tel.: 0531 391-9842
E-Mail: f.huebner(at)tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/iff