Sowohl für Biopharmazeutika, als auch für die industrielle Biotechnologie besteht ein immer größerer Bedarf an leistungsfähigen Mikrobioreaktoren (MBRs, engl. microbioreactors) für die frühe Phase der Prozessentwicklung. Besonders zum Tragen kommen die Systeme in dieser zeit- und kostenintensiven Entwicklungsphase durch das hohe Einsparungspotential im automatisierten und parallelisierten Betrieb zur Untersuchung des Einflusses unterschiedlicher Prozessparameter. Technologische Fortschritte in der Mikrotechnik erlauben es der Bioverfahrenstechnik neue Anwendungen in immer kleineren Maßstäben zu finden. Ein geringeres Volumen hat verschiedene Vorteile: Zum einen können teure Chemikalien oder aufwendig produzierte biologische Wertstoffe eingespart werden, zum anderen ist die Handhabung von gefährlichen Substanzen um ein vielfacheres sicherer als im klassischen Labormaßstab. In Kombination mit neuartigen Mikrosensoren ist zudem eine kontinuierliche Prozessüberwachung in MBRs möglich und damit ein sehr viel tiefergehendes Verständnis sämtlicher Phasen des biologischen Prozesses. Weiterhin können durch das interdisziplinäre Zusammenwirken von Bioverfahrenstechnik und innovativer Entwicklungen der additiven Fertigungsverfahren (3D-Druck) in der Mikrotechnik immer schneller komplexe Reaktorgeometrien für neue biotechnologische Anwendungen entwickelt werden. Durch das nahezu sofortige Fertigen, dem sogenannten rapid prototyping, lassen sich Änderungen am Reaktorsystem und der Einfluss auf die Prozessparameter zeitnah untersuchen.
In diesem Projekt wurde eine modular aufgebaute 3D-gedruckte Mikroblasensäule entwickelt und in verschiedenen Reaktorgeometrien bei einem Volumen von 500 µL charakterisiert. Der Vorteil des modularen Systems in Kombination mit verschiedenen 3D-Druck-Techniken ist das schnelle Auswechseln und Anpassen einzelner Bauteile je nach Bedarf. Die Durchmischung wird mittels der eingebrachten Blasen realisiert, die Umwälzung erlaubt hohe Transferraten von der Gas- in die Flüssigphase und das Erreichen kurzer Mischzeiten im Sekundenbereich. Die kontinuierliche Prozessüberwachung wird mittels optischer und elektrochemischer Sensoren realisiert. Theoretische Berechnungen mit Hilfe von CFD-Simulationen wurden experimentell validiert.
Die Aufgaben im Projekt umfassen u. a. die Optimierung der Durchmischung zur besseren Reproduzierbarkeit der Ergebnisse durch Verbesserung der Gaseintragsdüse im Reaktor. In anderen Anwendungen können in der Mikroblasensäule verschiedene sauerstoffintensive biologische Kultivierungen vergleichend stattfinden und hinsichtlich ihrer metabolischen Aktivität untersucht werden. Daneben sollen Möglichkeiten zum Einsatz chemischer Umwandlungen im mehrphasigen System untersucht werden. Damit soll der MBR als effektives und leistungsfähiges Reaktorsystem für den scale up genutzt werden.
Projektverantwortlicher: Gábor Schultz