Biotech on a budget: Braunschweiger Biotech-Team gewinnt 99€-Bioreaktor-Wettbewerb

Bioreaktoren kommen in der biotechnologischen Forschung und Industrie zum Einsatz, um biologische Reaktionen unter optimalen Reaktionsbedingungen (z. B. Temperatur, pH-Wert und Sauerstoffgehalt) durchzuführen. Sie werden vor allem zur Gewinnung von pharmazeutischen Produkten, Grundchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen, Nahrungsmitteln und Kosmetika sowie in biologischen Verfahren der Umwelttechnik eingesetzt.

Zum Ende des Sommersemesters 2024 richtete das Netzwerk Bioverfahrenstechnik Dresden e. V. zum neunten Mal (seit 2014) den renommierten 99 €-Bioreaktor-Wettbewerb am Institut für Naturstofftechnik der TU Dresden aus. Beim 99 €-Bioreaktor-Wettbewerb geht es darum, einen Labor-Bioreaktor mit einem Budget von nur 99 € für eine biotechnologische Aufgabenstellung zu entwickeln, zu bauen und sich dann im Wettbewerb den Mitbewerbern beim Kultivierungswettkampf zu stellen. Zum diesjährigen Wettbewerb meldeten sich sieben Biotech-Teams der Hochschulen München und Mittweida, der TU Dresden und HTW Dresden, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, dem Karlsruher Institut für Technologie, sowie der TU Braunschweig an.

In diesem Jahr stand die „Mikrobe des Jahres 2023“, Bacillus subtilis (lat. bacillus, Stäbchen; subtilis, fein, schlicht), im Mittelpunkt der Kultivierungsaufgabe. Mit Bacillus subtilis wird das traditionelle japanische Lebensmittel Nattō produziert. Dazu werden Sojabohnen gekocht und anschließend durch Einwirkung des Bakteriums Bacillus subtilis var. natto kultiviert, wobei ihre Viskosität (Zähflüssigkeit) zunimmt. Nattō wird als Beilage zu anderen Gerichten gereicht, als Zutat (z. B. als Nahrungsmittelverdicker) genutzt und als eigenständige Speise verzehrt. Es besitzt eine gesundheitsfördernde Wirkung und wird durch Bacillus subtilis gut verdaulich.

Die Herausforderung des diesjährigen Wettbewerbs bestand nunmehr darin, mit Hilfe von Bacillus subtilis var. natto das Biopolymer Polyglutaminsäue (PGA) biotechnologisch zu produzieren. PGA ist ein Hauptbestandteil von Nattō, dass die viskositätserhöhenden Eigenschaften des Kultivierungsmediums bedingt. PGA ist essbar, biologisch abbaubar, wasserlöslich und ungiftig. In der Pharmaindustrie wird PGA als Wirkstofftransportsystem eingesetzt, denn das Biopolymer ist immunologisch neutral. Das Ziel bestand darin, mit einem selbstkonzipierten Bioreaktor in einer 24-stündigen Kultivierung eine höchstmögliche Viskosität und Konzentration des Biopolymers im Kultivierungsmedium zu erreichen.

Das Biotech-Team der TU Braunschweig mit den Studierenden Nathalie Opilo, Theo Weise, Leon Huß, Dorian Röhring, Elisa Lädke (alle Studiengang Biotechnologie, Bioprozesstechnik) sowie Julia Li, die einen viermonatigen Forschungsaufenthalt am Institut für Bioverfahrenstechnik im Rahmen des DAAD-Austauschprogramms mit der University of Waterloo, Kanada, durchführt, hatte sich der komplexen Herausforderung gestellt und belegte den ersten Platz. Anwar Walid und Jan-Angelus Meyer vom Institut für Bioverfahrenstechnik betreuten das Braunschweiger Biotech-Team und leiteten sie bei ihrer Arbeit zum 99 €-Wettbewerb an.

Zu Beginn des Wettbewerbs hatten die teilnehmenden Teams drei Stunden Zeit, den von ihnen im Vorfeld entwickelten Bioreaktor vor Ort aufzubauen. Anschließend wurde das Kulturmedium im Bioreaktoren mit dem Bacillus-Stamm beimpft, um die Biomasse- und PGA-Produktion zu starten. Der Kultivierungsprozess wurde 24 Stunden betrieben, ohne dass eine Interaktion erlaubt war. Das studentische Team der TU Braunschweig punktete nicht nur mit der höchsten (dynamischen) Viskosität, sondern auch bei der Minimierung der Verdunstungsverluste sowie mit einem Gesamtbudget von nur 92,19 € lag das Team in der Spitzengruppe.

Der Wettbewerb ist eine herausfordernde Angelegenheit. Die Studierenden wenden das Wissen, das sie in ihren bioprozesstechnischen Vorlesungen und auch in den Laborpraktika erlernen unter heraus­fordernden Randbedingungen an, wie beispielsweise Einhaltung ökonomischer Vorgaben, Einsatz be­stimmter Grundoperationen wie Homogenisieren und Mischen sowie Berücksichtigung von Produkt­eigenschaften. Dabei werden von den Teilnehmer:innen Allround-Fähigkeiten verlangt: Anwendung anspruchsvoller Kultivierungstechniken, spezielles methodisches Wissen, Konstruktion und handwerk­liches Können in der mechanischen Werkstatt, Einsatz von Mess und - Regelungskonzepten und oft­mals auch pragmatische Lösungen und Vorgehensweisen. Denn, oftmals macht der Mikroorganismus nicht das, was man von ihm erwartet.

Das gemeinsame Entwickeln, Konstruieren und Experimentieren hat sich für das Team gelohnt. Der Bioreaktor der Studierenden der TU Braunschweig (Bild, privat) erfüllte die Kriterien des Wettbewerbs in exzellenter Weise.

Wir gratulieren dem Biotech-Team der TU Braunschweig ganz herzlich zu diesem schönen Erfolg.

Die Vorbereitungen und Vorarbeiten des Biotech-Teams der TU Braunschweig wurden dankenswerterweise mit Studienqualitätsmitteln der Fakultät für Lebenswissenschaften, Fachgruppe Biotechnologie, und der Fördergesellschaft Chemie- und Bioingenieurwesen Braunschweig e. V. (Institut für Bioverfahrenstechnik, TU Braunschweig) unterstützt.