Neue porphyrinoide Metallkomplexe
Förderung: DFG BR2010/11-1 (Normalverfahren)
Neue corrinoide Liganden
Aktuell besteht zunehmender Bedarf an porphyrinoiden Metallkomplexen mit neuen Eigenschaftsprofilen. Verwendung finden solche Verbindungen beispielsweise bei Biohybridmaterialien und bioanorganischen Modellverbindungen. Zunehmend rücken auch porphyrinoid-basierte Quantendots auf Oberflächen sowie funktionale Polymere und Stapelverbindungen für Nanoscience und Energieforschung in den Blickpunkt interdisziplinären Interesses. Insbesondere Corrole, die sich von den Porphyrinen durch das Fehlen einer Methinbrücke unterscheiden, haben mittlerweile Eingang in die Technik gefunden. Neue Variationen werden nun benötigt, um den Wunsch nach gezielter Optimierung dieser Forschungsansätze zu stillen. Ein grundsätzliches Verfahren zur Darstellung entsprechender Metallkomplexe ist der bei Porphyrinen bestens bekannte oxidativer Ringschluß linearer Tetrapyrrole. Zumeist wird der Ringschluß durch ein Metallion, insbesondere Kupfer(II), induziert. Darüberhinaus existieren sehr erfolgreiche elektrocyclische Verfahren, die Nickel(II)- und Kobalt(II)-unterstützt zu Corrinen führen. Mit alternativen Verfahren sind auch Corrole, Corrin-Analoga und weitere nicht-natürliche Porphyrinoide durch templatgestütze Ringschlußreaktionen zugänglich. Diese Optionen werden systematisch ausgebaut.
Übersicht: Zyklisierungsreaktionen von 2,2'-Bidipyrrinen
Metallkomplexe mit ungewöhnlichen Elektronenstrukturen
Einige Komplexe der mittleren und späten 3d-Übergangsmetalle mit Corrolen und ähnlichen nicht-unschuldigen Liganden weisen ungewöhnliche Elektronenstrukturen auf und sind daher für Anwendungen in Katalyse und Materialsynthese von Interesse. Besonderes Augenmerk verdient das Auftreten von offenschaligen Singulett-Strukturen bei Kupfercorrolen. Hierbei liegt ein Cu(II)-Corrolradikal vor, mit antiferromagnetischer Kopplung zwischen den auf dem Kupferatom und auf dem Liganden lokalisierten einzelnen Elektronen (s. Graphik). Die Verbindungen sind sattelförmig verzerrt, können jedoch im Rahmen von Inversionsschwingungen einen (nahezu) planaren, angeregten Zustand einnehmen. In diesem Zustand wird die magnetische Kopplung ferromagnetisch, so dass sich bei steigender Temperatur ein effektives paramagnetisches Moment ausbildet.
SOMOs mit α- und β-Spindichten bei einem Kupfer(II)corrol
Molekülstruktur eines i.s. (S = 3/2) Eisen(III)-bidipyrrins
Die Bildung von Eisen(III)derivaten im intermediate spin (S = 3/2)-Zustand wird bei offenkettigen und helikalen 2,2'-Bidipyrrin-Komplexen beobachtet (s. Graphik). Das Phänomen tritt nur im kristallinen Feststoff auf und kann kristallographisch anhand verkürzter Bindungen nachgewiesen werden. Die SQUID-Magnetometrie zeigt einen kontinuierlichen Übergang zum high spin (S = 5/2)-Zustand bei erhöhten Temperaturen, welcher auch in Lösung vorgefunden wird. Offenbar führt ein thermischer Helixinversionsprozess zu einer effektiven Verlängerung der Fe-N-Bindungen und damit zum spin crossover.
Weitere Studien umfassen NO-Komplexe sowie Verbindungen in (formal) hochvalentem Zustand.
Katalytisch aktive Metallocorrole
Die Chemie der Metallocorrole hat in den vergangenen Jahren viel Fahrt aufgenommen. Eine der Triebkräfte dieser Entwicklung ist der Befund, dass sich mit Eisen-, Mangan- und Rhodiumcorrolen verschiedene Atomtransferreaktionen katalysieren lassen. Insbesondere die von den Metalloporphyrinen wohlbekannten Prozesse der katalytischen Oxygenierung, Aziridinierung und Cyclopropanylierung bieten hier Anwendungsfelder. Mit einer Serie superstrukturierter Corrole, den sog. Bis-Picket-Fence-Corrolen, versuchen wir, Chemo- und Stereoselektivität in diese Prozesse einzuführen. Als Präkatalysatoren werden hierbei vornehmlich formal hochvalente Chrom-, Mangan- und Eisenderivate eingesetzt.
Schematischer Aufbau von Bis-Picket-Fence-Corrolen
Sterische Abschirmung bei einem Nitrosyleisen-Bis-Picket-Fence-Corrol
Modellkomplexe für biologische Corrinoide
Rhodiumkomplexe von Porphyrinen und Corrolen wurden aufgrund ihrer strukturellen Analogie zum Cobalamin (Vitamin B12) in der Vergangenheit viel studiert. Setzt man offenkettige Tetrapyrrole in der Metallierung mit Rhodium(I)-Vorläufern ein, so erhält man neben den zu erwartenden mono- und dinuklearen Rhodium(I)-Komplexen eine oxidiertes, ringgeschlossenes Produkt. Der makrozyklische Ligand dieses Produkts weist keine aromatische Konjugation auf und ist daher mit den Corrinen und mit anderen Hydroporphyrinoiden verwandt. Diese Reaktion wird auch bei Iridiumionen sowie - unter veränderten Bedingungen - für eine Reihe weiterer Übergangsmetallionen beobachtet. Die Produkte weisen interessante elektrochemische Eigenschaften auf und werden als Modellkomplexe für biologische Corrin- und Hydroporphyrin-Cofaktoren untersucht.
Bildung eines B12-Analogons aus Rh(I)-Komplexen und 2,2'-Bidipyrrinen
Gespannte Palladiumkomplexe für CH-Aktivierungsstudien
Die Chemie von Palladiumkomplexen mit sterisch eingeschränkten Tripyrrin- und BAI-Liganden hat sich als ungewöhnlich vielseitig entwickelt. Während bei den Tripyrrin-Komplexen in einigen Fällen reaktive Zwischenstufen kinetisch stabilisiert und isoliert werden können erweist sich die Ligandenperipherie der BAI-Liganden als zu wenig rigide, um dem Palladium-Atom selbst ungewöhnliche Koordinationszahlen oder -geometrien aufzuzwingen. Durch die Positionierung geeigneter CH-Bindungen in unmittelbarer Nähe zum Palladium-Atom gelingt die Induktion von C(sp2)-H- und auch C(sp3)-H- Aktivierungsprozessen. Während der erstgenannte Prozess durch ein zweites Äquivalent Palladiumacetat vermittelt wird verläuft die seltener beobachtete C(sp3)-H-Aktivierung an tert.-Butylgruppen wie auch benzylischer CH-Bindungen spontan. Diese Reaktionen konnten für die Darstellung von zweifach aktivierter CCNN- Komplexe sowie für die Synthese von Pincer-artigen Präkatalysatoren eingesetzt werden. Detaillierte experimentelle und theoretische Studien zum Mechanismus der Palladiumacetat-induzierten CH-Aktivierungsreaktionen an optimierten Substraten sind aktuell in Arbeit.
C(sp2)-H- und C(sp3)-H-aktivierte PalladiumBAI-Komplexe