Die Energiewende und die damit verbundene Integration von erneuerbaren Energien in das Stromsystem bringen einen umfassenden Wandel in allen Bereichen der Energiebranche mit sich. Ein Schlüsselelement zum Gelingen der Strom-, Wärme und Mobilitätswende ist der zielgerichtete Einsatz von Flexibilität in allen Ebenen des Energiesystems.
In Anlehnung an die Definition der Bundesnetzagentur wird im Forschungsprojekt flexess unter Flexibilität die Veränderung von Einspeisung oder Entnahme der Wirkleistung in Reaktion auf ein externes Stromnetz- oder Preissignal verstanden.
Für die Bereitstellung von Flexibilität werden die vier Fallstudien vollelektrische Haushalte, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, Industrieprozesse sowie Elektromobilität unter Berücksichtigung regulatorischer Rahmenbedingungen und wirtschaftlicher Anreize betrachtet. Die vier Teilsysteme werden über die Komponenten Netzbetreiber, Aggregatoren/Strommarktteilnehmer und Strommärkte zentral zu einem Gesamtsystem gebündelt.
Die Fallstudie Haushalte umfasst die Untersuchung zu Flexibilitätspotentialen in Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser im Bestand sowie Neubauten. Als Flexibilitäten ist der Einsatz von Photovoltaik-Anlagen, Batteriespeichern, Elektromobilen sowie Wärmepumpen in Verbindung mit einem lokalen Energiemanagement denkbar.
Im Bereich von Gewerbe, Handel und Dienstleistungen soll insbesondere das Flexibilitätspotential vorhandener Klimatisierungssysteme von Supermärkten oder anderen Filialisten untersucht werden.
Der Industriesektor bietet aufgrund hoher Energiebedarfe und umfangreicher Regelungsmöglichkeiten der Prozesse und Maschinen hohe Flexibilitätspotentiale. Erlöse aus Eigenerzeugung und Speichermöglichkeiten können zusätzliche wirtschaftliche Anreize bilden, um Flexibilitätspotentiale zu nutzen.
Die Fallstudie Elektromobilität setzt sich konkret mit dem Potential von Flexibilität im Kontext der Anwendungsmöglichkeiten für Fahrzeugflotten, z.B. der Einsatz als flexible Energiespeicher, auseinander.
Das Hauptziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung von Strategien und Lösungen zur Ausschöpfung zukünftiger Flexibilitätspotentiale in den zu untersuchenden Fallstudien im Rahmen einer Strom-, Wärme- und Mobilitätswende.
Hierfür werden Methoden, Technologien und Lösungen zur Flexibilisierung in den vier definierten Fallstudien erarbeitet und angewendet. Diese Inhalte sollen sowohl auf Modell- als auch auf Laborebene sowie im Rahmen von Feldtests erprobt werden. Innerhalb des Feldtests ist zu untersuchen, inwieweit bereits vorhandene Infrastrukturen (z. B. intelligente Messsystem/Smart Meter Gateway oder Monitoring-Portale) genutzt werden können, um eine kostengünstige Anlagenanbindung zu realisieren.
Ein weiteres Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle für Anbieter von Flexibilität.
Ausgehend von den Ergebnissen werden die entwickelten Methoden, Technologien und Lösungen bewertet und abschließend Handlungsempfehlungen für die Energiepolitik sowie die Energiewirtschaft abgeleitet.
Das Projektkonsortium für flexess besteht aus zwei geförderten Forschungsinstituten der Technischen Universität Braunschweig, 6 geförderten Industrieunternehmen sowie 3 assoziierten Projektpartnern.
Das Institut für Hochspannungstechnik und Elektrische Energieanlagen ‑ elenia der Technischen Universität Braunschweig forscht mit zwei Professoren und 30 Wissenschaftlichen Mitarbeitern an Komponenten der Energieversorgung, der Elektromobilität und dem Themenbereich aktives Verteilungsnetz. Aspekte des Energiemanagements wie das Zähl- und Messwesen, das Entwickeln von Betriebsstrategien sowie die Steuerung von Anlagen sind dabei ebenso im Fokus wie die Netzintegration von dezentralen Erzeugungs- und Speichereinheiten sowie neuer Verbraucher wie der Elektromobilität.
Die Professur Nachhaltige Produktion und Life Cycle Engineering des IWF beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit der Entwicklung und Anwendung von Technologien, Methoden und Werkzeugen zur lebenszyklusgerechten Gestaltung, Planung/Steuerung und Bewertung von Produkten und Prozessen. Die energie- und ressourceneffiziente Produktion stellt hierbei einen besonderen Schwerpunkt dar.
Die SMA Solar Technology AG mit einem Umsatz von 915 Mio. Umsatz in 2019 ist der weltweit führende Solarwechselrichter-Hersteller und Spezialist für PV-Systemlösungen. Sie beschäftigt rund 3.000 Mitarbeiter und verfügt als Technologieführer über mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung auf dem Gebiet der Wechselrichter-Entwicklung sowie ihrer systemtechnischen Einbindung in Energieversorgungssysteme, Verbund- und Inselnetze. Sie hat ihren Hauptsitz in Niestetal bei Kassel und ist auf vier Kontinenten in über 20 Ländern mit Tochtergesellschaften vertreten. Rolle und Aufgabe von SMA im Konsortium sind die Untersuchung von technologischen Grundsatzfragen für die Flexibilitätserbringung mit PV- und Prosumer-Systemen und für deren Marktintegration sowie die exemplarische Realisierung entsprechender Technologielösungen und ihre Evaluation mittels Pilotanlagen und Feldtests.
Carano Software Solutions GmbH ist einer der marktführenden Anbieter von professioneller Flottensoftware. Seit Gründung im Jahr 1992 entwickelt Carano Lösungen für Fuhrparkmanagement, Flotten-Leasing und Autohandel und zählt über 150 internationale Unternehmen zu seinen Kunden. Neben den Entwicklungsaktivitäten werden neue Impulse durch die oben genannten Forschungsprojekte generiert.
Die TLK-Thermo GmbH wurde 2003 gegründet und bietet mit ihren derzeit 44 Mitarbeitern Ingenieursdienstleistungen und Software im Umfeld thermischer Systeme an. TLK beschäftigt sich u.a. mit der Optimierung des Heizens und Kühlens von Fahrzeugen, mit Supermarktkälteanlagen, thermischen Solaranlagen, Transportkälteanlagen, Haushaltswärmepumpen, Gebäude-Klimatisierung und Industriekälteanlagen. Einzelne Komponenten und Systeme werden experimentell untersucht und softwaretechnisch abgebildet. Zu diesem Zweck entwickelt das Unternehmen Softwareprodukte, die der effizienten Durchführung, Kopplung und Visualisierung von dynamischen Simulationen und Messungen dienen.
Die 1927 in Köln gegründete genossenschaftliche REWE Group ist einer der führenden Handels- und Touristikkonzerne in Deutschland und Europa. In rund 15.000 Märkten sind rund 330.000 Mitarbeiter beschäftigt. Die Zweigniederlassung Nord der REWE Markt GmbH ist unter anderem für den Bereich Energiemanagement verantwortlich.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind ein modernes Dienstleistungsunternehmen, das sich mit innovativen Strategien auch im Bereich der Elektromobilität den Herausforderungen der Zukunft stellt. Netzdichte und Qualität des Berliner Nahverkehrs sind im internationalen Vergleich auf hohem Niveau und erreichen mit dem durchgehenden Nachtverkehr sogar einen Spitzenplatz. Innerhalb eines Jahres fahren die Busse und Bahnen der BVG mehr als 250 Millionen Kilometer. Mit über 100 E-Fahrzeugen als Ersatz für konventionell angetriebene Pkw sind die Berliner Verkehrsbetriebe ein Vorreiter in der Elektromobilität. Mit der Elektrifizierung der internen Dienstwagenflotte (ca. 400 Fahrzeuge) einschließlich Transporter wurde begonnen und soll bis 2025 abgeschlossen sein. Nach einem abgeschlossenen Pilotprojekt mit vier E-Bussen ist die jährliche Bestandserhöhung um mind. 30 Einheiten mit E-Antrieb ab 2019 gestartet.
Die BS|ENERGY Gruppe ist mit rund 1.200 Mitarbeitern verantwortlich für Versorgungsleistungen in den Bereichen Energie (Strom, Gas und Fernwärme), Wasser (Trinkwasser und Stadtentwässerung) und Beleuchtung (Stadtbeleuchtung und Ampelanlagen). Als Grundversorger in Braunschweig beliefert BS|ENERGY zuverlässig rund 240.000 Bewohner mit Energie und bietet zudem Strom auch bundesweit an. BS|ENERGY ist als Partner beteiligt an den Stadtwerken Gifhorn, Elm-Lappwald und Springe. Auf Basis dieser Erfahrung wird Städten und Gemeinden eine Kooperation beim Neuaufbau regionaler Versorgungslösungen mit starkem kommunalen Einfluss angeboten.
Um das Forschungsprojekt flexess praxis- und anwendernah auszurichten, kooperieren die durchführenden Projektpartner mit den assoziierten Partnern aus unterschiedlichen Teilbereichen der Energiewirtschaft (Stromversorgung).