Die Schädigungsakkumulation äußert sich zunächst in Vorgängen auf Mikroebene wie Gleitbandbildung, Mikroplastizität und Mikrorissinitierung bzw. -wachstum. Dabei treten diese Werkstoffveränderungen lokal, z.B. an örtlichen Spannungskonzentrationen wie Kerben und Schweißnähten, auf.
Auf Grund thermomechanischer Kopplungseffekte sind die werkstoffmechanischer Vorgänge, wie die Entstehung von mikroplastischen Zonen, Rissentstehung und -wachstum eng mit der Temperaturentwicklung eines Bauteils in diesem Bereich unter einer gegebenen Belastung verknüpft. Bei rein elastischem, also vollständig reversiblem Materialverhalten, findet auf Grund des thermoelastischen Effekts je nach Vorzeichen der Belastung eine Temperaturerhöhung bzw. ein Temperaturabfall statt. Ein ähnlicher Effekt kann z. B. auch bei der Kompression oder Expansion von Gasen beobachtet werden. Durch das Einsetzen irreversiblere plastischer Verformungen in der Frühphase der Schädigungsakkumulation, oder später an der Rissspitze, kommt es zu dissipativen Vorgängen. Diese manifestieren sich in charakteristischen Änderungen der lokalen Temperaturentwicklung.
Hoch auflösende Infrarotthermografie bietet die Möglichkeit, Temperaturänderungen durch thermomechanische Kopplung zu erfassen und kritische von unkritischen Vorgängen zu unterscheiden. Damit bietet sich die Möglichkeit, das Einsetzen der schädigungsrelevanten plastischen Verformungen in den Kerbbereichen mit hoher örtlicher Auflösung zu detektieren.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Methodik ist das Vorliegen einer mechanischen Beanspruchung der zu untersuchenden Bauteile. Als geeignet haben sich die Verwendung der schädigungsrelevanten Beanspruchungsfolge oder eine externe mechanische Anregung mit Hilfe eines Hochleistungsultraschall-Konverters erwiesen. Insgesamt bietet die Anwendung thermografischer Methoden durch die enge Verknüpfung zu den maßgeblichen Schädigungsmechanismen großes Potenzial zur Schädigungsbeurteilung von metallischen Bauteilen.