LWI HYDRIV | Hurrikanen auf der Spur

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Deutsch-mexikanische Forschung zum Hochwassermanagement

Helene, Katrina, Milton: Immer wieder müssen die Menschen in Mittel- und Nordamerika damit rechnen, dass Hurrikane verheerende Schäden anrichten. Ihre Auswirkungen mit Starkregen, Flutwellen und Überschwemmungen stellen eine große Gefahr dar. Und die tropischen Wirbelstürme werden heftiger, je stärker sich die Erde erwärmt. Ein Thema, das auch Wissenschaftler*innen der Universidad Nacional Autonóma de México (UNAM) beschäftigt. In einem gemeinsamen Projekt mit Forschenden des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau (LWI) der Technischen Universität Braunschweig untersuchen sie Möglichkeiten zur Optimierung des Hochwassermanagements und der Talsperrenbewirtschaftung in Mexiko. Gefördert wird das Forschungsvorhaben durch ein Seed Funding beider Universitäten.

Nach mehreren digitalen Treffen kamen die Wissenschafler*innen kürzlich das erste Mal persönlich zusammen. Dr. Hannes Müller-Thomy, Dr. Christina Radtke, Tobias Langmann und Henning Müller von der Abteilung Hydrologie und Flussgebietsmanagement des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau reisten nach Mexiko-Stadt, um sich dort mit Dr. Sinuhé Alejandro Sánchez Martínez und Dr. Maritza Liliana Arganis Juárez vom Institut für Ingenieurwissenschaften der UNAM auszutauschen. Ziel ihres gemeinsamen Projekts „Validation of precipitation reanalysis products for rainfall-runoff modelling in Mexico“ ist es, globale Simulationen der Atmosphäre und ihre Eignung zur Rekonstruktion des Niederschlagsgeschehens in Mexiko während der vergangenen Jahrzehnte zu evaluieren. Diese Informationen sind von entscheidender Bedeutung, da nur begrenzte Beobachtungsdaten zur Verfügung stehen, die jedoch für eine Vielzahl wasserwirtschaftlicher Anwendungen benötigt werden, beispielsweise zur Bemessung von Anlagen der Stadtentwässerung, des Hochwasserschutzes oder zur Zwischenspeicherung des Wassers, um in Dürreperioden landwirtschaftliche Flächen bewässern zu können.

Optimierung des Hochwassermanagements durch Reanalysedaten

„Die Prozesse in der Atmosphäre sind komplex und miteinander verbunden, wodurch ihre Simulation einige Herausforderungen mit sich bringt. Unsere Arbeit zielt darauf ab, die simulierten Niederschlagsdaten zu bewerten und den geeignetsten Datensatz für Mexiko zu identifizieren, um somit präzisere Daten für das Hochwasserrisikomanagement und wasserwirtschaftliche Projekte zu liefern“, sagt Hannes Müller-Thomy.

In einer Region mit langen Beobachtungszeitreihen, zum Beispiel des Niederschlags, können entsprechende Atmosphärenmodelle gut angepasst werden. Die Reanalysedaten, also Simulationen der Vergangenheit, stimmen für diese Regionen mit den Beobachtungsdaten überein. In Regionen mit wenigen Beobachtungsdaten wie in Mexiko sind jedoch aufwändige Evaluierungen nötig, um die Verwendbarkeit dieser Daten sicherzustellen. „Die Evaluation verschiedener Reanalyseprodukte variiert aufgrund unterschiedlich verwendeter Eingangsdaten teilweise stark. Sie stellt jedoch aufgrund der damit verfügbaren Klimazeitreihen (u.a. Niederschlag, Temperatur und Luftdruck seit 1950) eine wertvolle Möglichkeit für die Planung und Optimierung wasserwirtschaftlicher Projekte dar. Mit den neuen Daten können zum Beispiel erstmalig Aussagen über die Ausdehnungen von sogenannten Jahrhunderthochwässern und zu dadurch verursachten Schäden getroffen werden“, erklärt Müller-Thomy. So verbessern sich auch die Datengrundlagen zu Häufigkeiten und Intensitäten von Hurrikanen, die insbesondere in der Karibik und für Mexiko eine Bedrohung darstellen.

Von groß zu klein

Ein weiterer Aspekt der Forschung ist die Verbesserung der räumlichen und zeitlichen Auflösung der Daten. Während globale Modelle oft eine grobe Auflösung verwenden, ist für die Analyse von Starkregenereignissen in urbanen Gebieten wie Mexiko-Stadt eine detailliertere Niederschlagsaufzeichnung in 5-Minuten-Zeitschritten erforderlich. Nur so können die auf versiegelten Flächen schnell stattfindenden Abflussprozesse genau abgebildet werden. Daher untersuchen die Wissenschaftler*innen Methoden zur Erhöhung dieser Auflösung (Downscaling), um die benötigte Datenqualität zu erreichen. Mit der Aufbereitung der Daten wird die Grundlage für die Bemessung wasserwirtschaftlicher Projekte sowie die Optimierung des Hochwasserrisikomanagements und der Talsperrenbewirtschaftung durch die Wissenschaftler*innen der UNAM geschaffen.

Mexikanische Wasserexpertise bald auch in Braunschweig

Neben wissenschaftlichen Diskussionen hielt Hannes Müller-Thomy einen Forschungsvortrag zu „Niederschlag: Informationserweiterung in Raum und Zeit“, der auch online (https://www.youtube.com/live/AfcNuYseXcE) abrufbar ist. In Gesprächen mit mehreren Forschungsgruppen vor Ort wurden mögliche Kooperationsmöglichkeiten besprochen, deren Grundstein die gemeinsame Forschungsaktivität innerhalb des Seed-Funding-Projektes darstellt. Der Gegenbesuch an der TU Braunschweig wird im Mai 2025 erwartet.

Kontakt

Dr.-Ing. Hannes Müller-Thomy
Technische Universität Braunschweig
Leichtweiß-Institut für Wasserbau
Abt. Hydrologie und Flussgebietsmanagement
Beethovenstr. 51A
38106 Braunschweig
Tel.: +49 531 391 3934
E-Mail: h.mueller-thomy(at)tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/lwi/hydriv

Kooperation mit der Universidad Nacional Autonóma de México

Bereits seit 15 Jahren sind die Technische Universität Braunschweig und die Universidad Nacional Autonóma de México (UNAM) in Mexiko-Stadt Partner. Im März 2024 haben beide ein Abkommen über eine Strategische Partnerschaft unterzeichnet und damit eine noch engere Zusammenarbeit beschlossen.

Um den Austausch zwischen Gruppen beider Universitäten zu ermöglichen, wurde im vergangenen Jahr ein Seed-Funding Call ausgerufen. Erfolgreiche Projektanträge wurden mit maximal 10.000 Euro (5.000 pro Universität) von der UNAM und der TU Braunschweig gefördert. Die Mittel ermöglichen die persönliche Kontaktaufnahme zwischen Gruppen beider Universitäten als ersten Schritt hin zu gemeinsamen Projektanträgen, zum Beispiel im Rahmen einer UNAM-DFG-Fördermöglichkeit.

Meldung von Bianca Loschinsky aus dem MAGAZIN der TU Braunschweig