„Die aus allen Himmelsrichtungen zugewanderte Bevölkerung der Stadt entwickelte bald ein Heimatgefühl, denn die meisten Bürger*innen standen vor einem Neuanfang, der sie vor [...] Herausforderungen stellte. Als Neubürger*innen schufen sie sich durch Familie, Freundeskreis und Vereine ein neues Kontaktnetz. Später gelang dies auch den Ausländer*innen – vor allem den Italiener*innen – mit ihren Familien, die dabei durchaus auch ihre Traditionen bewahrten. Durch die erfolgreiche gesellschaftliche Integration von Bevölkerungsgruppen wurde die Stadt zum „Soziallabor“ der Bundesrepublik.“ ¹
Wir wollen im Rahmen der Masterthesis am Beispiel Wolfsburgs das sozialgeschichtliche Verhältnis des Menschen zu seiner Heimat behandeln und verfolgen die Frage, was es braucht um ein Verbundenheitsgefühl zu einem Ort zu entwickeln.
Wolfsburg gilt als eine der bedeutendsten Stadtneugründungen des 20. Jahrhunderts Mitteleuropas. In nur drei Generationen entstand eine moderne Stadt. Mit der Gründung und dem Aufbau des Volkswagenwerkes sollte 1938 eine Wohnstadt für die Arbeitenden des Werkes gegründet werden, bei der Ideen für eine Gartenstadt aufkamen. Doch die ursprüngliche städtebauliche Planung erwies sich als nicht realisierbare Utopie, das Vorhaben wurde kriegsbedingt unterbrochen und die Stadt lange Zeit in ihren Fragmenten belassen. Das enorme Arbeitskräftepotenzial des Volkswagenwerkes stemmten zunächst vor allem Geflüchtete und Vertriebene.
Doch dem Wirtschaftswunder der Automobilindustrie in den 1960er- und 1970er Jahren folgte unlängst ein tiefer Einschnitt. Seit 2015 ist die Abgasaffäre Auslöser einer weitreichenden Krise in der Industrie. Der Abgasskandal ließ die Gesellschaft aufhorchen und führt nach lauten Forderungen und Diskussionen zu einer bundesweiten Verkehrswende. Diese wird langfristig nicht nur eine enorme Umstrukturierung innerhalb der Automobilindustrie initiieren, sondern vielmehr auch einen kulturellen Wandel und eine Umverteilung des öffentlichen Raums mit sich tragen.
Mit der Deindustrialisierung der Region werden viele Menschen vor die Frage gestellt, wie und wo sie ihr zukünftiges Leben gestalten können.
Welche Auswirkungen hat eine solch radikale Umstrukturierung und Anpassung der Lebensrealität auf den Heimatbegriff und was verstehen wir unter dem Begriff Heimat? Welche Rolle spielt der Heimatbegriff in unserer Gesellschaft und worüber definiert sich Heimat letztendlich wirklich?
Der Wolfsburg Award for Urban Vision 2024 gibt uns in diesem Semester Anlass, um auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und in der Folge strukturelle Probleme und Potentiale in der Wolfsburger Innenstadt sichtbar zu machen und zukunftsweisende Vorschläge für das Umplanen und Ergänzen des städtischen Raumes zu machen.
¹ https://www.wolfsburg.de/leben/stadtportraitstadtgeschichte/stadtgeschichte
TITEL DEU
Konstruktionen von Heimat: Identitätsstiftende Interventionen im Wolfsburger Kontext der Deindustrialisierung
TITEL ENG
Constructions of home: Identity-forming interventions in Wolfsburg context of deindustrialization
TERMINE
Aufgabenausgabe: 09.04.2024
Exkursion Wolfsburg: 26.04.2024
Kolloquium 1/3: 08.05.2024
Kolloquium 2/3: 12.06.2024
Kolloquium 3/3: 17.07.2024
Wolfsburg Award: 11.08.2024
Abgabe digital: 27.08.2024
Präsentationen: 16.09.2024 - 20.09.2024
Erstprüfer: Prof. Berthold H. Penkhues (IEX)
Zweitprüfer: Prof. Dan Schürch (IEB)
Betreuende: Christian Jensen, Pascal Kapitza, Felix Gehrke