Wer im Sommer letzten Jahres den Blick von der Berliner Brücke in Richtung Stadion schweifen ließ, hat es vielleicht endeckt: Ein Fassadenteil des leerstehenden Wolfsburger Billen-Pavillons war komplett mit Schafswolle eingekleidet. Mit der Installation Low Tech Isolation machte die Berliner Künstlerin auf alternatives und natürliches Dämmmaterial aufmerksam, mit dem sie schon lange experimentiert. Passend zum Auftakt seines Jahresprogramms 2020 „Alles eine Frage der Energie“ widmet der Kunstverein Wolfsburg der Künstlerin die Einzelausstellung „Folke Köbberling – Lifestyle Is Negotiable“, die am Donnerstag, den 27. Februar 2020 um 19 Uhr eröffnet wird.
Folke Köbberling sticht unter den Künstler*innen, die sich mit Nachhaltigkeit, Urbanismus und Ökologie beschäftigen, durch ihre Konsequenz besonders heraus. In diesem Sinne gleicht der Ausstellungstitel einer Aufforderung, sich des eigenen Lebensstils bewusst zu machen und ihn den gegenwärtigen globalen Bedingungen anzupassen. Sie bezieht damit eine konträre Position zu George Bush, der 1992 in einer Rede behauptete: “The American way of life is not negotiable!” (dt.: Der amerikanische Lebensstil ist nicht verhandelbar!). Dieser von der Künstlerin angestrebte Paradigmenwechsel ist angesichts der drohenden Klimakrise von hoher Aktualität und gut nachvollziehbar. Mit Arbeiten aus Schafswolle, mit wiederverwendetem Plastikmüll oder einem Umzug mithilfe der öffentlichen Verkehrsmittel bietet sie innovative Lösungsansätze auf ressourcen- und energiesparender Basis. Ihre direkte Herangehensweise wirkt erstmal überspitzt, grotesk und irritierend, spiegelt aber auch den Ideenreichtum der Künstlerin wider. Die Präsentation im Kunstverein Wolfsburg gibt einen Einblick in sowohl vergangene als auch aktuelle Projekte und nutzt den Ausstellungsraum für besondere ortsspezifische Interventionen.
Folke Köbberling (*1969) studierte Bildende Kunst in Kassel und Vancouver und kurzeitig Architektur in Berlin. Die Künstlerin, die von 1998 bis 2013 mit Martin Kaltwasser zusammenarbeitete und oft Arbeiten für den öffentlichen Raum realisierte, nahm weltweit an Ausstellungen teil und war bereits an zwei Gruppenausstellungen (2004, 2005) des Kunstverein Wolfsburg beteiligt. Seit 2016 hat sie die Professur für Künstlerisches Gestalten am Institut für Architekturbezogene Kunst an der TU Braunschweig inne. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Braunschweig.
Die Ausstellung wird gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, der Stadt Wolfsburg sowie der Sparkasse Celle-Gifhorn-Wolfsburg.