GTAS | Wider den Leerstand | Ausstellungseröffnung Freitag, 26. März

[Arch Aktuelles]

Architektur-Studierende entwickeln Perspektiven für Galeria Kaufhof-Gebäude

Bedeutet die Schließung eines großen Warenhauses gleich auch immer einen Niedergang der Innenstadt? Könnte dieses leerstehende architektonische Erbe nicht auch eine Chance sein? Warum nicht urbane Produktionen mitten in der Stadt? Warum nicht Pilz- und Fischfarmen oder fantastische Reallabore? Warum kein „Andershaus“? Damit haben sich Lehrende und Studierende des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt (GTAS) der Technischen Universität Braunschweig auseinandergesetzt und Zukünfte für die vakanten Räume des Stadtzentrums entwickelt. In Kooperation mit dem Allgemeinen Konsumverein e.V. zeigen sie ab dem 26. März in Sichtweite zum Kaufhof-Gebäude im ebenfalls leerstehenden Laden Waisenhausdamm 8-11 ihre Arbeiten in der Ausstellung „Institut für öffentliche Angelegenheiten. Galeria Kaufhof“
Die Schließung des Warenhauses am Braunschweiger Bohlweg war weder die erste noch die letzte Schließung in der Innenstadt, aber vielleicht die markanteste. Lehrende und 60 Studierende der Architektur hinterfragten im Wintersemester Gründe der Transformation von Städten und beschäftigten sich damit, mit welchen unterschiedlichen Modellen konkret das leerstehende Braunschweiger Kaufhaus die Innenstadt neu beleben kann. Organisiert in drei Seminaren und einem experimentellen Entwurf betrachteten sie neue Formen der Versorgung, solidarische und partizipatorische Wirtschaftsmodelle und inklusive Architekturformen für eine nachhaltige Stadtplanung.

Co-Working und urbane Landwirtschaft
Anstelle eines Ressourcen-intensiven Abreißens und Neubauens haben Studierende in „Reframe Galeria“ unter der Leitung von Professorin Tatjana Schneider vom GTAS und Professor Norman Hack vom Institut für Tragwerksentwurf (ITE) Entwürfe für alternative Materialkreisläufe (reduce, reuse, recycle), neue Nutzungskonzepte (zum Beispiel Co-Working, urbane Landwirtschaft, Wohnen, Kulturzentren, Theater, Museum, Schulen, Kitas, Bildungseinrichtungen) und andersartige Governancestrukturen (kooperativ, gemeinschaftlich, genossenschaftlich) für das Galeria Kaufhof Gebäude entwickelt. So beschreibt die Studentin Ayat Tarik Kamil in ihrer Arbeit die Gründung des fiktiven Vereins „Reconstruct Lab“. Sie erzählt davon, wie sich nach der Schließung des Warenhauses eine Reihe von Braunschweiger Verbänden und Organisationen zusammenschließen, um eine neue kooperative Entwicklung des Gebäudes ins Leben zu rufen. Im Seminar von Niloufar Tajeri beschäftigten sich die Studierenden mit dem „Andershaus“ – ein Haus, das die Nahversorgung im leerstehenden Kaufhof-Gebäude weiter ermöglicht, jedoch auf einer gemeinwohl- und Post-Wachstum-orientierten Basis. Entstanden ist eine Studie, die alternative Wirtschaftsformen für den Betrieb eines „Andershauses“ untersucht. Sechs Botschaften, Dokumente, Artefakte aus Braunschweig im Jahre 2050 sind im Seminar von Martin Peschken entwickelt worden. Darunter ein Kurzführer zu einem „Museum kommender Zivilisationen“ oder Werbefilme für eine App, mit der man – in Umkehrung der „Punkte in Flensburg“ – Credits für richtiges ökologisches und soziales Verhalten sammeln kann.

Zukunftsperspektiven für das Kaufhaus
Performative Techniken der Feldforschung wurden im Seminar von Diana Lucas-Drogan probiert, um die Durchdringung des städtischen Raums mit verschiedenen Arten von Werten zu erforschen, die neben der kapitalorientierten Wertschöpfung existieren. Gezeigt werden außerdem eine Reihe von Interviews, die Licia Soldavini mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Soziologie, Lobbyismus, Ökonomie, Architektur, Urbanistik, der kuratorischen Praxis sowie einer Schriftstellerin geführt hat, die sich aus ihren unterschiedlichen Disziplinen heraus mit dem Phänomen und der Herausforderung „Kaufhaus“ befassen. Die Arbeiten werden vom 26. bis 28. März in einem Raum am Waisenhausdamm ausgestellt, den die Firma Munte Immobilien zur Verfügung stellt. Besucherinnen und Besucher können die Exponate vom Gehweg aus durch das Schaufenster betrachten.

Ausstellung:
Institut für öffentliche Angelegenheiten. Galeria Kaufhof Waisenhausdamm 8 – 11, Braunschweig Freitag, 26. März, 17 Uhr bis Sonntag, 28. März

Hinweis für die Medienvertreterinnen und -vertreter
Das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt steht am 26. März ab 17 Uhr für Fragen von Medienvertreterinnen und -vertreter zur Verfügung. Es wird um Anmeldung per E-Mail gebeten, so dass die Treffen im Freien unbedenklich koordiniert werden können: gtas(at)tubraunschweig.de

Bilder:
Architektur-Studentin Ayat Tarik Kamil beschreibt im Rahmen des Entwurfs „Reframe Galeria“, wie sich nach der Schließung des Kaufhauses eine Reihe von Braunschweiger Verbänden und Organisationen zusammenschließen, um eine neue kooperative Entwicklung des Gebäudes ins Leben zu rufen. Bildnachweis: Ayat Tarik Kamil/TU Braunschweig