Die Umstellung des ländlichen Verkehrs im Rahmen der Energiewende ist herausfordernd, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Betriebs landwirtschaftlicher Maschinen wie Traktoren und Erntemaschinen mit Erneuerbarer Energie. Die Umstellung auf synthetische Kraftstoffe könnte hier eine Alternative sein, u. A. durch die Umwandlung von Biogas in synthetische Flüssigkraftstoffe. Parallel dazu stehen viele Biogasanlagenbetreiber vor der Herausforderung, trotz der nach 20 Jahren auslaufenden garantierten EEG-Vergütungssätze einen wirtschaftlich effizienten (Weiter-)Betrieb ihrer Anlagen sicherzustellen. Eine Möglichkeit könnte die Weiternutzung der Biogasanlage zur Bereitstellung von Energie für die regionale Mobilität sein. Neben dem zur Verfügung Stellen von elektrischer Energie bieten sich synthetische Kraftstoffe an, die eine Biogasanlage abhängig von ihrer Kapazität und in Kombination mit weiteren Anlagen sinnvoll herstellen kann. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei der Verstromung ein großer Anteil der Energie des Biogases in Wärme umgewandelt wird, während dies bei der Herstellung synthetischer Kraftstoffe nicht immer der Fall ist. Daher wird in dem Vorhaben „Regenerative Energieversorgung für netzautarke Mobilität durch Biogasanlagen“ (RegEnerMoBio) analysiert, welches der gesamtwirtschaftlich optimale Weg ist, mithilfe einer vorhandenen Biogasanlage sowohl Energie für Mobilität als auch Wärme bereitzustellen. Dafür werden folgende Einzelfragen beantwortet:
Es wird die Nachfrageseite des motorisierten Individualverkehrs im Rahmen einer Energieverbrauchsanalyse abgebildet, um diese anhand von Literaturdaten für die Jahre 2030 und 2050 hochzurechnen. Dazu werden verschiedene Antriebstechnologien (synthetische Kraftstoffe, Erdgas, E-Motoren, Brennstoffzellenfahrzeuge, Hybridsysteme) in einer Modellumgebung abgebildet und anhand der zuvor gebildeten Basis- und Zukunftsszenarien analysiert. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Analyse werden die wirtschaftlichen und ökologischen Kennzahlen abgeleitet.
Zudem wird die Energiebereitstellung für Mobilitätszwecke durch eine Biogasanlage modellhaft abgebildet und evaluiert. Für diese Bereitstellung gibt es verschiedene Möglichkeiten (siehe Abbildung 1). Der heute üblicherweise genutzte Weg ist in der Abbildung fett markiert. In diesem Vorhaben werden neben dieser Variante auch die Weiterverarbeitungspfade der Trocknung, Methanisierung, Reformierung sowie die Fischer-Tropsch-Synthese betrachtet. Eine weitere Möglichkeit stellt die Änderung des Produktgases durch Hinzufügen von Zusatzstoffen (geänderte Ersatzstoffe) dar, beispielsweise die Zugabe von Wasserstoff zur Erhöhung der Ausbeute von Methan. Sowohl die verschiedenen Weiterverarbeitungspfade als auch die Möglichkeit der Beeinflussung durch geänderte Eingangsstoffe werden betrachtet. Dafür sollen vier bis fünf Beispielanlagen berücksichtigt werden. Unterschieden werden soll hier nach Einsatzstoffen (Nachwachsende Rohstoffe, Gülle, Mischbetrieb) und Größenklassen (≈250 kW, ≈500 kW und >1.000 kWel).
Die Wärmebedarfe werden durch verschiedene Szenarien aufbauend auf realen Daten zu Wärmelieferungen und der in der Literatur gegebenen Werte abgebildet und im Modell hinterlegt. Da die Wärmebereitstellung durch Biogasanlagen eine Dekarbonisierung des Wärmesektors darstellt, ist es nicht Ziel des Vorhabens, diese Wärmebereitstellung zu verringern, um eine Dekarbonisierung des Verkehrssektors herbeizuführen. Aus diesem Grund sollen unterschiedliche Wärmelieferkonzepte im Modell implementiert werden, um anschließend zu prüfen, welchen Mobilitätsbeitrag Biogasanlagen mit Wärmelieferverträgen bieten können.
Parallel wird der Biogas-Bedarf zum Betrieb verschiedener landwirtschaftlicher Maschinen ermittelt. Dabei wird berücksichtigt, dass sich je nach betrachteter Anlage, Flächenstruktur und eingesetzten Maschinen verschiedene Kraftstoffbedarfsreihen für unterschiedliche Regionen ergeben. Zudem werden Zukunftsszenarien für die oben genannten Evaluierungszeitpunkte genannt. Anschließend werden alle Ergebnisse zu einem Gesamtsystem zusammengeführt (siehe Abbildung 2).
Anhand dieses Modells und der Ansprüche der Verbraucherseite werden anschließend die unterschiedlichen Konzepte darauf analysiert und bewertet, welcher dieser Wege unter gegebenen Bedingungen der technisch und wirtschaftlich effizienteste ist und welche Auswirkungen solch ein Betrieb auf die Biogasanlage hat. Um die Umweltauswirkungen der einzelnen Konzepte abschätzen zu können, wird ein Life-cycle Assessment durchgeführt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen erfolgt die Ableitung von Handlungsempfehlungen je nach Ausgangsszenario.
Sollten sich bei den unterschiedlichen Technologieoptionen Überproduktionen ergeben, können diese dem überregionalen Verkehr bereitgestellt werden. Dafür erfolgt eine Bestimmung der Überproduktionen je Szenario. Anschließend wird auf Basis aktueller Veröffentlichungen abgeschätzt, welche Antriebskonzepte zukünftig im überregionalen Verkehr ihren Einsatz finden und welcher Beitrag von Biogasanlagen zum überregionalen Verkehr möglich ist.
Zuletzt sollen die rechtlichen und regulatorischen Aspekte, die sich durch die erarbeiteten Konzeptideen ergeben würden, anhand der bestehenden ordnungspolitischen und regulatorischen Rahmenbedingungen durch die Projektpartner evaluiert werden.
Energieverfahrenstechnik und Umwandlungstechniken regenerativer Energien, Institut für Energietechnik, TU Berlin
Institut für mobile Maschinen und Nutzfahrzeuge, TU Braunschweig
Abwasserverband Braunschweig, Biogasanlage
Landwirtschaftliches Bildungszentrum Echem, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Projektlaufzeit: 01.12.2021 - 30.11.2023
Fördermittelgeber: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
Projektträger: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.