Sugita, Y., Hidaka, S. & Teramoto, W. (2018). Visual percepts modify iconic
memory in humans. Nature Scientific ReporTS, 8:1396, 1-7. DOI:10.1038/s41598-018-31601-43.
Die menschliche Wahrnehmung ist immer relativ - die Wahrnehmung eines Objekts wird durch andere Objekte in der Umgebung beeinflusst. Sehr schön zeigen das "Täuschungen" wie die Folgende:
Ist das ein Strich, der hinter dem Kasten verläuft? Es scheint so, als sei der linke Teil des Strichs etwas zu tief, um zu dem rechten Teil zu passen.
In Wirklichkeit ist die Linie allerdings durchgängig, wie das folgende Bild zeigt.
Das Vorhandensein des Kastens beeinflusst hier die Wahrnehmung der Linie - die linke Linie wird dadurch im Erleben nach unten verschoben.
Welche Rolle spielt dabei die zeitliche Abfolge der Objekte? Ist diese Täuschung nur dann zu finden, wenn Kasten und Linie gleichzeitig auftauchen? Funktioniert es auch, wenn der Kasten erst und dann die Linie erscheint, und umgekehrt? Dahinter steckt die Frage, was unser Zeitfenster in der visuellen Wahrnehmung ist, innerhalb dessen Informationen integriert werden.
Die Autoren untersuchten dies in einem Versuch, in dem der Kasten 100 ms vor der Linie kurz gezeigt wurde, beide gleichzeitig und 50 bis 300 ms nach der Linie. Gefragt wurde jeweils, ob die Linie durchgängig ist oder nicht. Es zeigt sich, dass die Täuschung nicht auftrat, wenn der Kasten vor der Linie auftauchte. Interessant war weiter, dass die Täuschung sogar noch stärker wurde, wenn erst die Linie und dann bis 200 ms später der Kastetn auftauchte. Die Täuschung verschwand, wenn der Kasten 300 ms später auftauchte.
Die Autoren schlossen daraus, dass eine Integration von Objekten im Zeitraum von ca. 200 ms stattfindet. Interessant ist, dass die Täuschung nur funktioniert, wenn erst die Linienteile auftauchen, dann der Kasten.
Zum Ausprobieren haben wir den Versuch etwas vereinfacht. Es wird die Zeit variiert, wann der Kasten in Relation zur Linie auftaucht. Man muss jeweils angeben, ob die Linie zu tief erscheint oder richtig (oder sogar zu hoch).
Pro Zeitpunkt wird angegeben, wie stark die Täuschung war (also wie häufig "zu tief" geantwortet wurde). Dabei würde man folgendes Muster erwarten:
Wenn der Kasten vor der Linie kommt (-100 ms), erscheint die Linie durchgängig (0). Wenn der Kasten unmittelbar vor der Linie erscheint oder gleichzeitig, erscheint die Linie etwas zu tief, die Täuschung setzt ein (-0.5). Am stärksten ist die Täuschung, wenn der Kasten 100 oder 200 ms nach der Linie erscheint (-1). Erscheint der Kasten zu spät nach 300 ms, verschwindet die Täuschung und die Linie erscheint wieder durchgängig (0).