Kai Klinksieg
Charakterisierung des Absetzverhaltens von kommunalen Klärschlämmen mit Hilfe rheologischer Messungen
Zusammenfassung
Bei der Charakterisierung von Klärschlämmen finden die rheologischen Eigenschaften in der Regel keine Berücksichtigung. Obwohl bereits das Gesetz von Stokes die Viskosität als elementare Größe bei der Beschreibung des Absetzverhaltens impliziert, wurde die Abhängigkeit des Absetzverhaltens von Klärschlämmen von seinen rheologischen Eigenschaften noch nicht explizit untersucht.
Vor diesem Hintergrund war es Ziel der vorliegenden Arbeit, einen Zusammenhang zwischen den rheologischen Eigenschaften und dem Absetzverhalten von kommunalen Klärschlämmen abzuleiten. Einleitend wurden zunächst die Eigenschaften von Klärschlämmen und die Grundlagen der Rheologie dargestellt, sowie das im Rahmen dieser Arbeit vorrangig verwendete Messsystem (koaxiales Zylindermesssystem Z34 DIN) mit dem entsprechenden Messprogramm erläutert, welches auf der Arbeit von Moshage begründet ist.
Aufbauend auf der Korrelation zwischen dem großtechnischen Entwässerungsergebnis und der Schubspannung bei einer Scherrate von 500 s-1 nach Moshage und dem Gesetz von Stokes, welches die Viskosität als elementare Größe bei der Beschreibung des Absetzverhaltens impliziert, wurde abgeleitet, dass die Schlammentwässerung als eine weitgehende Eindickung bzw. ein weitgehendes Absetzen aufgefasst und somit ein Zusammenhang zwischen den rheologischen Eigenschaften und dem Absetzverhalten von Schlämmen angenommen werden kann. In Absetzversuchen wurde die Schlammspiegelhöhe in Abhängigkeit der Zeit aufgenommen und mit den gemessenen rheologischen Eigenschaften verglichen. Daraufhin wurde das existierende exponentielle Modell von Keudel, welches Absetzprozesse bei der Sedimentation in Anlagen nach dem Aufstauprinzip beschreibt, soweit angepasst, dass es nun möglich ist, die Absetzkurve eines Klärschlamms mit einem bestimmten TR-Gehalt mit Hilfe einer Viskositätsmessung und den zuvor durch Regressionsanalysen ermittelten Funktionsparametern vorherzusagen, was einer optimierten SBR-Bemessung dienlich sein könnte.
Das aufgestellte exponentielle Modell beruht auf Versuchsreihen mit Schlammproben mit einem Feststoffgehalt von 2,5 g/kg und 5 g/kg und einem Vergleichsschlammvolumen unterhalb von 600 mL/L. Bei den Untersuchungen mit einem TR-Gehalt von 5g/kg musste im Unterschied zu denen bei 2,5 g/kg eine auftretende Flockungszeit in Abhängigkeit des VSV zu Beginn des Absetzvorgangs berücksichtigt werden.
Ferner wurde der Einfluss des Ladungszustands der EPS auf die Entwässerbarkeit in Versuchen bestätigt und bewiesen, dass die optimale Polymerdosierungsmenge über die Viskosität des Zentratwassers sowohl mit einem Rheometer als auch mit einem Kapillarviskosimeter genau zu bestimmen ist.
Abschließend wurden exemplarisch die Scherbeanspruchungen für eine kommunale Kläranlage berechnet, um die Größenordung der auftretenden Scherbeanspruchungen in einer Kläranlage zu veranschaulichen und die Auswirkungen für eine nachfolgende Sedimentation aufzuzeigen. Sowohl für die Abwasser- als auch für die Schlammbehandlung konnten während der Transportvorgänge zwischen den einzelnen Behandlungsschritten sehr hohe Scherbeanspruchungen von bis zu 12.000 s-1 ermittelt werden. Die Verweilzeit in diesen Fördereinrichtungen ist zwar in Bezug auf die gesamte Behandlung relativ kurz, für die Rheologie aber bedeutend, da sich aufgrund der Thixotropie des Klärschlamms ein Gleichgewichtszustand bedingt durch die maximale Scherbeanspruchung von 12.000 s-1 erst nach einer Ruhephase von mehreren Stunden einstellen kann. Zur Abschätzung der realen Viskositäten, die sich in den einzelnen Prozessschritten einstellen, ist es also erforderlich sowohl den Abbau der Struktur bei der Scherbeanspruchung als auch den Strukturwiederaufbau in der Ruhephase zu prüfen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass sich die rheologischen Eigenschaften eines Klärschlamms im Rahmen der vorliegenden Arbeit als einflussreicher erwiesen haben als bisher angenommen wurde. Die genaue Anwendbarkeit in der Praxis sollte deshalb systematisch untersucht werden, um die angesprochenen Zusammenhänge gezielt für eine optimierte Bemessung nutzen zu können.