Stefanie Wolter
Untersuchungen zur Substratabhängigkeit des heterotrophen Ertragskoeffizienten
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Fragestellung, ob und wenn ja, wie stark die Überschussschlammproduktion durch heterotrophe Bakterien in Abhängigkeit von der abgebauten Kohlenstoffquelle schwankt.
Es wurde davon ausgegangen, dass der heterotrophe Ertragskoeffizient in der Abwasserreinigung das Resultat sich überlagernder Abbauvorgänge der zahlreichen Abwasserinhaltsstoffe und damit nur scheinbar einheitlich ist. Um dies nachzuweisen, wurde das undefinierte Multisubstrat Abwasser auf jeweils eine einzige, chemisch definierte und wasserlösliche Kohlenstoffquelle in einem synthetischen Abwasser reduziert.
Der Fokus der Arbeit liegt auf der Bilanzierung des Kohlenstoffabbaus in offenen Membranbelebungsanlagen im Labormaßstab (20 L Volumen). In diesen wurden unter konstanten Versuchsbedingungen (Schlammalter, Raumbelastung, Temperatur, pH-Wert) spezifische, heterotrophe Er-tragskoeffizienten in Abhängigkeit vom jeweilig zugeführten Monosubstrat bestimmt. Die Stoffströme bzw. -umsätze wurden nach Adaption der Schlämme an das Substrat und das eingestellte Schlammalter von fünf Tagen über die Feststoff- und Flüssigkeitsphase bilanziert. Es konnte der Abbau von insgesamt 25 Monosubstraten (sechs Zucker, sieben Alkohole, elf Carbonsäuren und ein Ether) untersucht werden. Die unter den eingestellten Betriebsbedingungen beobachteten Ertragskoeffizienten wurden auf Grundlage von kumulativ erstellten Massenbilanzen ermittelt, die sich auf die Parameter CSB, TOC, sowie TS bzw. oTS stützten.
Über die beobachteten Ertragskoeffizienten konnte nachgewiesen werden, dass der heterotrophe Ertragskoeffizient nicht konstant ist, sondern in Abhängigkeit vom abgebauten Substrat spezifische Werte annimmt. Die maximale beobachtete Schwankungsbreite zwischen den Substraten lag je nach zugrunde gelegter Bezugsgröße des Yield zwischen 340 % und 6.417 %.
Hinsichtlich möglicher Ordnungskriterien für die beobachteten Yields ergab sich für den YH,CSB, YH,oTS/CSB und den YH,oTS/C die stoffgruppenspezifische Tendenz, dass der Abbau von Zuckern zu überdurchschnittlich hohen Erträgen führte. Für YH,oTS/CSB, YH und YH,oTS/mol konnten mathematisch beschreibbare Korrelationen zu dem F/M-Ratio im System, bzw. dem CSB/TOC-Verhältnis, Brennwert HS, der molaren Masse und der Standard-Reaktionsenthalpie des Substrats hergestellt werden.
Bei Vereinheitlichung der beobachteten Netto-Ertragskoeffizienten mit den empirischen Brutto-Ertragkoeffizienten nach ATV-DVWK Arbeits-blatt 131 auf Basis von CSB (0,67 g CSB/g CSB) bzw. TS/BSB5 (nach HARTWIG [2] 0,75g TS/g O2) ergab sich im Mittel eine sehr gute Übereinstimmung mit dem CSB-basierten Wert (Abweichung 1,5%). Der Vergleich mit dem Wert von HARTWIG erbrachte dagegen, eine Abweichung von +24%, die vermutlich dem angenommenen CSB/BSB5-Verhältnis des Substrats geschuldet ist, das der Umrechnung zugrunde gelegt wurde.
Wasserlösliche Monosubstrate sind ein erster grundlegender Schritt bei der Untersuchung substratspezifischer heterotropher Ertragskoeffizienten. Darauf aufbauend, sind zukünftig ebenfalls das Abbauverhalten und die resultierenden Ertragskoeffizienten komplexer Substrate sowie suspendierter, wasserunlöslicher und partikuläre Kohlenstoffverbindungen zu untersuchen.