Burkhard Teichgräber
Zur Nitrifikation von Abwässern mit geringer Säurekapazität
Zusammenfasssung
Stickstoffoxidation und Phosphorelimination aus Abwasser werden aufgrund der ab 1.1.1992 gültigen Mindestanforderungen auf allen Kläranlagen eingeführt. Für viele Betreiber bestehender Kläranlagen ist zu entscheiden, ob das bestehende einstufige Belebungssystem beibehalten und durch eine Vergrößerung der Reaktorvolumina das für die Nitrifikation notwendige Schlammalter über 10 Tage erreicht wird oder ob man der bestehenden Anlage eine weitere Belebungsstufe nur für die Nitrifikation nachschaltet. Flächeneinsparungen und Vorteile während der Umbauphase veranlassten mehrere Betreiber großer Kläranlagen, die zweite Lösung zu wählen (Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg).
Durch die bakterielle Stickstoffoxidation (Nitrifikation) werden 2 Mol Säure (H+-Ionen) pro Mol oxidierten Stickstoffs freigesetzt. Diese Säure wird normalerweise durch den Hydrogencarbonatpuffer des Abwassers neutralisiert, d. h. es werden 8,7 g HCO3- / g NH4-N verbraucht. Wenn das Abwasser nicht genügend Säurekapazität aufweist, wird die überschüssige Säure durch Bestandteile des Belebtschlamms, vermutlich Huminstoffe, gepuffert. Die Flockungseigenschaften des Belebtschlamms werden durch diesen Prozeß stark verschlechtert; der Schlamm setzt sehr schnell ab (SVI < 60 mL/g), der Überstand bleibt jedoch stark trüb. Es kommt zu erheblichem Schlammabtrieb aus der Nachklärung. In Versuchen mit Hamburger Abwasser wurde festgestellt, dass eine Restsäurekapazität von 2,5 mmol/L= 150 mg HCO3-/ L im Ablauf die Zersetzung des Belebtschlamms durch die Nitrifikation verhindert.
Zur Untersuchung der beschriebenen Pufferungsprobleme und anderer Fragen der weitergehenden Abwasserreinigung (Phosphor und Reststoffelimination) wurde im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg eine Pilotanlage im technischen Maßstab betrieben. Die Versuchsanlage Hamburg-Köhlbrandhöft bestand aus zwei Belebungsstufen mit 2 bzw. 6 Stunden Belüftungszeit und getrennten Schlammkreisläufen. Der Durchsatz betrug 500 m3/d. Es bestand die Möglichkeit, die biologisch intensivierte Phosphorelimination im Hauptstromverfahren, die Simultanfällung, die Nachfällung und die Flockungsfiltration zu untersuchen.
Kinetik des Stickstoffumsatzes
Die Bemessung einstufiger Belebungsanlagen wird i. A. mit Hilfe des Schlammalters vorgenommen (z. B. Kayser /1983). Die Belastung des Belebtschlamms mit organischem Substrat wird soweit verringert, dass das Wachstum der heterotrophen Bakterien subtratlimitiert ist und die Verdoppelungszeit des Belebtschlamms die (temperaturabhängige) Generationszeit der Nitrifikanten um das ein- bis zweifache übersteigt. Die Denitrifikation wird in Analogie zur Kohlenstoffatmung mit 70 % der Umsatzraten berechnet. In zweistufigen Belebungsanlagen führt die Bemessung nach dem Schlammalter der heterotrophen Organismen zu sehr kleinen Aufenthaltszeiten. Die Belebtschlammproduktion durch Nitrifikanten wird meist vernachlässigt, da sie auch bei niedrigen organischen Belastungen wenig zur Gesamtschlammproduktion beiträgt. Der bei großen Schlammaltern stark wirksame endogene Abbau und die Schlammverzehrung durch Makroorganismen vermindern jedoch auch die Nitrifikantenanzahl. Deshalb sollte für die Bemessung einer nachgeschalteten Belebungsstufe zur Nitrifikation die maximale Nitrifikationsrate als Hilfsmittel zur Überprüfung der Bemessung herangezogen werden.
Über die Größenordnung der maximalen Nitrifikationsrate in kommunalen Belebtschlämmen herrscht derzeit keine Einigkeit. Aus der maximalen Wachstumsrate der Nitrifikanten µmax, a = 0,47 d-1lässt sich eine theoretische Umsatzrate von 3,13 g N/(g NTS*d) ableiten. Diese Umsatzrate ist auf die Nitrifikantenmasse bezogen. Die Bestimmung des Nitrifikantenanteils ist für Belebtschlamm nicht praktikabel, sodass die Umsatzraten i. A. auf die organische Trockenmasse bezogen werden. In Becherglasversuchen und Atmungsmessungen wurden 140 g N/(kg oTS*d) als maximale Nitrifikationsraten in der Nitrifikationsstufe der Versuchsanlage Hamburg-Köhlbrandhöft (zweistufige Belebungsanlage) gefunden. Die Nitrifikantenmasse (NTS) in der organischen Trockenmasse (oTS) ist demnach auch in dieser organisch schwach belasteten Belebungsanlage (BTS,BSB5= 0,04 kg BSB5/(kg TS*d)) gering.
Die Denitrifikationsrate ist in zwei Komponenten zerlegbar: die Anfangsdenitrifikation und eine zeitabhängige Komponente. Das untersuchte zweistufige Belebungssystem ermöglichte keine vollständige Denitrifikation, d. h. es konnte keine Substratlimitierung bezogen auf Nitrat auftreten. Die Anfangsdenitrifikation lässt sich näherungsweise durch den gelösten BSB5des Abwassers abschätzen und verläuft sehr schnell. Die weitere Umsatzrate der Denitrifikation wird durch die Hydrolysegeschwindigkeit im Belebtschlamm gespeicherter organischer partikulärer Substanz bestimmt und hängt von der Schlammbelastung BTS, BSB5 ab.
Säurekapazität und Kalk-Kohlensäuregleichgewicht
Das Gleichgewichtssystem der Kohlensäure mit seinen Bestandteilen Kohlendioxid (CO2), Kohlensäure (HCO3), Hydrogencarbonat (HCO3-)und Carbonat (CO3-) ist zu über 95 % für die Pufferung des Abwassers gegen pH-Verschiebungen verantwortlich. In dem in der kommunalen Abwasserreinigung gebräuchlichen pH-Bereich zwischen 5 und 8 ist das Hydrogencarbonat die wichtigste Puffersubstanz, der Gehalt des Abwassers an Hydrogencarbonat wird kurz als Säurekapazität bezeichnet. Mit Hilfe thermodynamischer Gleichgewichte können die Beziehungen zwischen dem pH-Wert und den Komponenten des Kohlensäuresystems rechnerisch modelliert und die Einflüsse der Nitrifikation beschrieben werden. Trotz der durch die Nitrifikation verringerten pH-Werte kann es lokal (z. B. durch zu hohe pH-Werte an der Dosierstelle von Alkalien) zu Calciumcarbonatausfällungen (Calcit) kommen.
Dem Verbrauch an Säurekapazität durch die Nitrifikation in Höhe von 8,7 g HCO3-/g N stehen die Produktion durch Ammonifikation und Denitrifikation (4,53 g HCO3-/ g N) und der Verbrauch durch organische Fixierung (4,53 g HCO3-/ g N) gegenüber. Mit Hilfe einer Stickstoffbilanz für eine Kläranlage, unterteilt nach organischem Stickstoff, Ammonium, Nitrat und denitrifiziertem Stickstoff, können die Säurekapazitätsumsätze bilanziert und vorhergesagt werden. Besonders wichtig ist der Ammoniumrückfluss aus der Schlammfaulung, der den zu nitrifizierenden Stickstoff um bis zu 15 mg/L ansteigen lassen kann. Umstellungen in der Schlammbehandlung, die die Rückführung von ammoniumhaltigen Zentraten in die biologische Reinigung nach sich ziehen, können einen bisher reibungslosen Betrieb der Nitrifikation durch die vermehrte Säureproduktion erheblich stören.
Schädigung der Nitrifikation durch die Säureproduktion
Aufgrund der starken Pufferwirkung des Hydrogencarbonats fällt der pH-Wert in einer Belebungsanlage nur wenig ab, auch wenn durch eine große Säureproduktion der Hydrogencarbonatpuffer weitgehend aufgezehrt wird. Der pH-Wert in der wässrigen Lösung wird weitgehend vom CO2-Gehalt bestimmt. Oberflächenbelüfter bewirken eine stärkere CO2-Strippung als eine feinblasige Druckbelüftung. Weiterhin trägt die CO2-Produktion aus der Kohlenstoffoxidation und aus der Pufferzersetzung durch die Nitrifikation zur CO2-Bilanz bei. Für die Nitrifikation ist nicht der pH-Wert in der wässrigen Lösung, sondern der pH-Wert in Inneren der Belebtschlammflocken maßgebend. Eine starke pH-Absenkung im Flockeninneren kann nur dann verhindert werden, wenn es gelingt, Hydrogencarbonationen zur Neutralisation der durch Nitrifikation produzierten Säure in das Flockeninnere zu transportieren. Der Diffusionsprozess wird jedoch nur durch den Hydrogencarbonatgradienten vom Flockenäußeren in das Innere, aber nicht durch den pH-Wert der umgebenden Lösung bewirkt. Eine Berechnung der Diffusionsprozesse in das Innere von Belebtschlammflocken ist derzeit noch nicht möglich. Als Erfahrungswert für die notwendige Säurekapazität in der umgebenden Lösung wurden 150 mg HCO3-/L gefunden.
Die Auswirkungen des Mangels an Säurekapazität sind nicht sofort zu erkennen. Ein nur mäßiger Mangel (z. B. bei 100 mg HCO3-/L) bewirkt keinen messbaren Rückgang der maximalen Nitrifikationsrate, sondern nur eine Verschlechterung der Flockungseigenschaften des Belebtschlamms. Der messbare pH-Wert im Belebtschlamm kann immer noch bei 7,0 liegen, ist also kein geeigneter Indikator für diese Probleme. Aufgrund der schlechten Flockungseigenschaften bei gleichzeitig hohen Absetzgeschwindigkeiten (SVI < 60 mLl/g) bleibt der Überstand trübe, der Schwebstoffabtrieb steigt auf 20 - 50 mg TS/L. Solange durch den Schlammabtrieb das Schlammalter nicht dauernd unter das notwendige Schlammalter für Nitrifikation (ca. 2 * 1/ma) gedrückt wird, bleibt die Nitrifikation in vollem Umfang erhalten. Erst ein noch größeres Defizit, das rechnerisch bereits einen pH-Wert unter 4,3 verursachen würde (d. h. HCO3-< 0), führt zu einem schnellen Zusammenbruch der Nitrifikation, indem die Nitrifikation durch zu niedrige pH-Werte gehemmt und der Belebtschlamm zerstört wird. Auch in diesem Fall sinkt der pH-Wert in der Lösung nicht unter pH = 5,5. Ein weiteres Absinken des pH-Wertes wird durch die Auflösung von Belebtschlamminhaltsstoffen verhindert.
Abhilfemaßnahmen gegen den Mangel an Säurekapazität
Die Säurekapazität kann durch Denitrifikation oder Zugabe von Alkalien erhöht werden. Andererseits ist es möglich, den Verbrauch an Säurekapazität durch Verringerung des zu nitrifizierenden Stickstoffs zu vermindern.
Falls technisch durchführbar ist die Denitrifikation die preiswerteste und eine für den Gewässerschutz sinnvolle Lösung. Sie trägt zur Einsparung von Belüftungsenergie bei und stabilisiert den Betrieb der Nitrifikationsanlage durch den Rückgewinn an Säurekapazität. Voraussetzung für die weitgehende Denitrifikation ist ein BSB5/N-Verhältnis im Abwasser von mindestens 3:1, das in kommunalem Abwasser meist gegeben ist, in zweistufigen Belebungsanlagen durch den Vorabbau in der ersten Stufe für eine zweite Belebungsstufe jedoch nicht mehr zur Verfügung steht. Damit ist in zweistufigen Belebungsanlagen eine allenfalls eine teilweise Denitrifikation möglich. Ob eine Teildenitrifikation zur Rückgewinnung der notwendigen Säurekapazität ausreicht, muss im Einzelfall überprüft werden. Durch Umgehung der ersten Belebungsstufe mit einem Teilstrom des Rohabwassers kann das BSB5/N-Verhältnis etwas günstiger gestaltet werden. Für eine vollständige Denitrifikation müsste jedoch zu viel (= fast alles) Rohabwasser den Bypass passieren, womit wieder ein einstufiges System geschaffen würde.
Der zu nitrifizierende Stickstoff kann durch die Behandlung klärwerksinterner Kreisläufe oder Vorbehandlung bei den Einleitern in das Kanalnetz vermindert werden. Die Zentrate aus der Schlammentwässerung nach einer Schlammbehandlung enthalten hohe Ammoniumkonzentrationen. Die Strippung des Ammoniums mit anschließender Verwertung lohnt sich besonders dann, wenn eine Phosphatfällung dieses Teilstroms im Zusammenhang mit einer biologisch intensivierten Phosphorelimination notwendig ist.
Falls die Auflagen an die Ablaufqualität einer Kläranlage zeitweise erhöhte Ammoniumgehalte zulassen, z. B. im Winter, kann durch eine Regelung der Belüftung eine Sauerstofflimitierung der Nitrifikation bewirkt und der Säurekapazitätsverbrauch durch die Nitrifikation vermindert werden. Falls durch diese Maßnahme eine Alkaliendosierung verringert oder eingespart werden kann, ist der finanzielle Gewinn dieser Betriebsart beträchtlich. In jedem Fall ist jedoch eine Belastung des Gewässers mit Ammonium, d. h. des Sauerstoffhaushalts, die Folge. Für den Stickstoffhaushalt des Gewässers ist die Einleitung von Ammonium oder Nitrat allerdings meist gleichwertig.
Als finanziell aufwendigste Maßnahme ist die Dosierung von Alkalien in die Kläranlage anzusehen. Sie wird im kommunalen Bereich nur anzuwenden sein, wenn eine Denitrifikation nicht in ausreichendem Maße möglich ist, i. A. in mehrstufigen biologischen Abwasserreinigungsanlagen. Die Chemikalien stocken die Säurekapazität auf, indem entweder HCO3--Ionen zugegeben werden (Natriumhydrogencarbonat oder Soda) oder dosierte OH--Ionen mit CO2 zu HCO3- neutralisiert werden.
Wird eine Alkalie nicht gut genug eingemischt oder löst sie sich zu langsam auf, entstehen lokale Überbasizitäten. Schon bei relativ niedrigen pH-Werten (z. B. ab pH = 7,8 für HCO3-=150 mg/L und Ca2+= 70 mg/L) beginnt Calciumcarbonat als schwerlösliches Calcit auszufallen. Dann wird statt einer Säurekapazitätserhöhung eine Enthärtung des Abwassers nach dem Prinzip der Schnellentcarbonisierung erreicht.
In der zweistufigen Versuchsanlage Hamburg-Köhlbrandhöft wurden die in Tabelle 6.1 aufgeführten Chemikalien auf ihre Eignung zur Aufstockung der Säurekapazität untersucht. Handelsübliches Kalkhydrat ist weder in trockener noch in suspendierter Form (Kalkmilch) für eine direkte Dosierung in die zweite Belebungsstufe geeignet, da es sich zu langsam auflöst und zu viele unlösliche Feststoffe in den Belebtschlamm einträgt. Es kann in die erste Belebungsstufe dosiert werden, da hier eventuell ausfallendes Calcit mit dem Überschussschlamm entfernt wird. Kreide, das preiswerteste Kalkprodukt, kann aus demselben Grund ebenfalls nur in die erste Belebungsstufe dosiert werden. Becherglasversuche zeigten, dass auch eine erhebliche Vergrößerung des CO2-Partialdrucks keine vollständige Auflösung des Kalks oder der Kreide bewirkt. Spezielle Kalkfraktionen, z. B. sedimentationsstabile Kalkmilch (SST), bei definierten Bedingungen gelöschter Brandkalk oder Kalkwasser zeigen bessere Auflösungseigenschaften und sind für die Dosierung in die Nitrifikationsstufe geeignet.
Die Natriumverbindungen Natronlauge und Soda können direkt in die Nitrifikationsstufe dosiert werden. Besonders Soda hat einen sehr guten Einfluss auf die Belebtschlammeigenschaften und produziert innerhalb von kurzer Zeit einen "glasklaren" Ablauf.
Für alle Alkalien sollte die Dosierung geregelt werden. Als Führungsgrößen eignen sich der pH-Wert im Belebungsbecken (unter ständiger Laborkontrolle der Säurekapazität im Ablauf) und die Säurekapazität im Belebungsbecken (ebenfalls kontinuierlich messbar).
Zusammenwirken mit der Phosphorelimination
Maßnahmen zur Stickstoffoxidation oder -elimination und zur Phosphorelimination beeinflussen sich gegenseitig:
· Die Fällung mit Metallsalzen verringert die Säurekapazität, da durch die Bildung von Metallhydroxiden H-Ionen freisetzt werden.
· Eine Vorfällung mit Kalk erhöht die Säurekapazität, wenn das alkalische Abwasser anschließend biogen neutralisiert wird, d. h. durch die CO2-Entwicklung bei der Kohlenstoffoxidation oder der Pufferzerstörung durch Nitrifikation. · Die Löslichkeitsminima von Aluminium- und Eisenphosphat liegen im leicht sauren Bereich, d. h Fällungsreaktionen benötigen einen geringeren Fällmittelüberschuss, wenn das Abwasser durch die Nitrifikation enthärtet ist.
· Die biologisch intensivierte Phosphorelimination kann nur in nitratarmen Wässern und Schlämmen stattfinden, d. h. sie setzt eine weitgehende Denitrifikation voraus, und benötigt ein an organischen Säuren reiches Substrat. Beide Bedingungen können in der Nitrifikationsstufe einer zweistufigen Belebungsanlage nicht voll erfüllt werden.
· Hinweise, dass die Nitrifikation durch Eisensalzzugabe gestört wurde, konnten in eigenen Versuchen nicht bestätigt werden
Die Auswirkungen einer Vor- oder Simultanfällung auf die Säurekapazitätsbilanz müssen abgeschätzt werden, um beurteilen zu können, ob die Säurekapazität des Abwassers für Nitrifikation und Simultanfällung ausreicht.
Wird eine Phosphateliminationsanlage nachgeschaltet, ergeben sich Steuerungsmöglichkeiten für die Säurekapazität in der Nitrifikationsstufe, wenn Maßnahmen zur Aufstockung der Säurekapazität ergriffen werden müssen.
Eine Nachfällungsanlage kann mit hohen Schwebstoffgehalten im Zulauf beaufschlagt werden und arbeitet am besten bei niedriger Säurekapazität im Zulauf. Hier kann die Säurekapazität in der Nitrifikationsstufe so niedrig eingestellt werden, dass der Zusammenbruch der Nitrifikation sicher verhindert wird, ein mäßiger Schlammabtrieb ist hinnehmbar.
Eine Abwasserfilteranlage darf nur mit geringen Feststoffrachten belastet. werden. Deshalb muss eine Flockungsfiltration zur Phosphatelimination mit einer Simultanfällung gekoppelt werden. Eine vorgeschaltete Nitrifikationsstufe darf keinen hohen Schlammabtrieb haben, d. h. die Säurekapazität muss groß genug sein und die Nachklärung auch bei Regenwetter ausreichen.
Ausblick
Bei zunehmender Anzahl nitrifizierender Kläranlagen wird sich der Mangel an Säurekapazität als eines der häufigen Betriebsprobleme herausstellen. Wenn dieses Problem rechtzeitig, d. h. in der Planungsphase erkannt wird, ist die Wahl eines einstufigen Belebungssystems mit Denitrifikation die wirkungsvollste Abhilfe.
In mehrstufigen biologischen Abwasserreinigungssystemen ohne die Möglichkeit ausreichender Denitrifikation wird sich in einigen Fällen die Dosierung von Alkalien trotz der Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Verringerung des zu nitrifizierenden Stickstoffs nicht vermeiden lassen. Als preiswerteste Lösung bietet sich die Zugabe von Kalkwasser, hergestellt mit dem Ablauf der Kläranlage, an. Durch eine Regelung der Zugabemenge nach dem pH-Wert oder der Säurekapazität in der Belebungsstufe können Überdosierungen, d. h. Mehrkosten und Ausfällungen von Calciumcarbonat, vermieden werden.
Gehen die Anforderungen an den Phosphorgehalt im Ablauf über die neuen Mindestanforderungen hinaus, d. h. reicht die Simultanfällung als alleinige Maßnahme der Phosphorelimination nicht aus, ist die Nachfällung, eventuell kombiniert mit einer kompakten Schrägklärung als Flüssig-Fest-Phasentrennung eine sinnvolle Ergänzung zur Nitrifikation. Allfällige Probleme mit Schlammabtrieb, sei es durch Säurekapazitätsmangel oder durch hydraulische Belastung, werden in einer Nachfällungsanlage abgefangen, während eine Filteranlage genau in diesem Punkt versagt. Außerdem ist in einem mehrstufigen Reinigungssystem mit mechanischer Reinigung, ein- oder zweistufiger biologischer Reinigung und Nachfällung eine Entflechtung der Stickstoff- und Phosphorelimination möglich, aber nicht Voraussetzung. Als größter Nachteil der Nachfällung ist der Chemikalieneinsatz anzusehen. während eine Abwasserfilteranlage auch ohne Chemikalieneinsatz wenigstens einen Teil ihrer Aufgaben erfüllt, nämlich die Suspensaentnahme, erfordert die Nachfällung stets mit hohe Fäll- und Flockungshilfsmittelgaben.