Mikrostahlfasern erhöhen die Duktilität und verbessern das Nachbruchverhalten von UHPC unter Zugbeanspruchungen signifikant. Für einen effizienten Einsatz von UHPFRC im Bauwesen gilt es die rissüberbrückende Fasertragwirkung und die damit verbundenen phänomenologischen Prozesse, welche in der Verbundzone zwischen der Betonmatrix und den Mikrostahlfasern stattfinden, zu charakterisieren und mit Modellgleichungen zu beschreiben.
Für die Beschreibung des Materialverhaltens unter Zugbeanspruchung wird ein Materialmodel basierend auf der Formänderungsenergiedichte eines repräsentativen Volumenelements (RVE) entwickelt. Die UHPC-Matrix und die Mikrostahlfasern werden über die Volumenanteile in den Modellgleichungen berücksichtigt. Die Kopplung der Materialkomponenten erfolgt unter Annahme von Dehnungsäquivalenz über die Verzerrungen ε. Das Modell wird mit der Methode der Lagrange-Multiplikatoren um den Prozess der Rissbildung, beschrieben durch die Rissdehnung εcr, und um den Faserauszug beim Versagen des Verbundes, beschrieben durch die Faserauszugslänge δv, erweitert.
Für die numerische Analyse und für die Vorhersage des Verformungs- und Schädigungsverhaltens von UHPFRC werden die Modellgleichungen mit der gemischt-hybriden Finite-Elemente-Methode (FEM) in eine Weggrößenformulierung überführt. Sowohl die Beschreibungsvariablen auf Systemebene ε als auch auf Elementebene σc, σf, εcr, δv werden mit Änsätzen approximiert.
Die Elementsteifigkeitsmatrx wird durch die statische Kondensation der Elementvariablen gebildet. Dadurch erolgt eine Reduktion des Gesamtsystems auf die Systemvariablen.
Am Beispiel einer Kragscheibe unter Randbeanspruchung kann das Materialverhalten von UHPFRC mit dem entwickelten Modell gezeigt werden. Das Last-Verformungs-Diagramm veranschaulicht das duktile Nachbruchverhalten. Mit dem Erreichen des Zugspannung der UHPC-Matrix wird durch die Erstrissbildung ein Steifigkeitsverlust verursacht. Durch den Verbund mit den Mikrostahlfasern ist weiterhin eine Laststeigerung möglich. Erst mit Überschreitung der Verbundgrenze setzt der Faserauszug ein und es folgt der ausgeprägte Nachbruchbereich. Um das instabile Materialverhalten über die Traglast hinaus kraftgesteuert simulieren zu können wurde das Bogenlängenverfahren (arc-length-method) verwendet.
Die folgenden Abbildungen zeigen die Verteilung der Beton- und Faserspannungen sowie der Rissdehnung und der Faserauszugslänge über die Querschnittshöhe im Bereich der Einspannung der Kragscheibe für das Lastniveau λ=0,45.
Über die Querschnittshöhe ist eine fortschreitende Schädigung durch Rissbildung und Faserauszug zu beobachten. In der Zugzone ist die Rissdehnung bereits sehr ausgeprägt, während die Betonspannungen null sind und keine Kraft mehr durch den UHPC übertragen wird. Für den oberen Teil der Zugzone erfolgt durch die Schädigung des Verbundes das Versagen durch Faserauszug. Die Faserauszugslänge entwickelt sich bei abnehmenden Faserspannungen. Im mittleren Teil der Zugzone zeigen hohe Faserspannungen die Faseraktivierung und rissüberbrückende Tragwirkung. Es erfolgt bereits die Rissbildung aber noch kein Faserauszug. In der Druckzone ist das Material ungeschädigt. Es herrscht linear-elastisches Werkstoffverhalten. UHPC-Matrix und Mikrostahlfasern beteiligen sich entsprechend ihrer Volumenanteile am Lastabtrag. Durch geringe Faservolumenanteile nf = 2,5 Vol-% wird dieser maßgeblich durch den Beton gewährleistet.
Das Projekt ist Teil des DFG Schwerpunktprogramms SPP 2020 - Zyklische Schädigungsprozesse in Hochleistungsbetonen im Experimental-Virtual-Lab.