Analogon aus der Atomphysik
Aus der Optik ist bekannt, dass Atome das Licht einer bestimmten Frequenz mit großer Wahrscheinlichkeit absorbieren. Die Frequenz ist dabei abhängig von der Atomsorte und der Energiedifferenz zwischen einem angeregten Zustand und dem Grundzustand des Atoms proportional. Nach einer gewissen Zeit (ein Maß dafür ist die mittlere Lebensdauer oder die Halbwertszeit) geht das Atom wieder in seinen Grundzustand über und emittiert dabei ein Photon gleicher Frequenz (Resonanzfluoreszenzstrahlung).
Der Mößbauer-Effekt
Versuche bei den Atomkernen mit Gamma-Strahlung Resonanzabsorption auszulösen schlugen lange Zeit fehl. Energie und Impuls der Kern-Gamma-Quanten sind hier um mehrere Größenordnungen größer als die der Lichtquanten, derart, dass der Impuls- und Energieübertrag auf den Atomkern bei Emission und Absorption nicht mehr vernachlässigt werden darf. Das Verhältnis aus Atom- und Kernanregungsenergie liegt in der Größenordnung von etwa 10-11.
Die "Entdeckung" und richtige Interpretation der rückstoßenergiefreien Emission bzw. Absorption von Gamma-Quanten durch Atomkerne geht auf eine Arbeit von R. L. Mößbauer aus dem Jahre 1957 zurück [1],[2]. Mößbauers Experimente mit der 129 keV-Strahlung des 191Iridium in einem natürlichen Iridiumkristall ergaben eine zunehmende Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Kernresonanzabsorption mit abnehmender Temperatur. Dieses Resultat widersprach zunächst den Erwartungen, da mit zunehmender Temperatur eigentlich der Überlapp von Emissions- und Absorptionslinie infolge der Dopplerverbreiterung zunehmen sollte. Dass dies nicht so ist, hat zweierlei Ursachen:
Aufgrund der extremen relativen Energieschärfe (z.B. ergibt sich für die 14.4 keV-Strahlung beim 57Fe-Kernübergang ein Wert von etwa 10-13) können mit Hilfe der Mößbauerspektroskopie die verhältnismäßig kleinen Wechselwirkungsenergien zwischen den Elektronen und Atomkernen (die sogenannte Hyperfeinstruktur), die in der Größenordnung 10-7 eV liegen, aufgelöst werden.
Prinzipieller Aufbau eines Mößbauerspektrometers in Transmissionsgeometrie
Es gibt mehrere Möglichkeiten ein Mößbauerspektrum aufzunehmen. In der Abbildung ist der prinzipielle Aufbau eines Mößbauer-Spektrometers in Transmissionsgeometrie dargestellt, d.h. die von der Quelle emittierte Kern-Gamma-Strahlung wird nach ihrem Gang durch die Probe mit einem Detektor energieselektiv nachgewiesen. Als Detektor wird hier beispielhaft ein Proportionalzählrohr verwendet. In dem so gemessenen Spektrum wird also die nicht-resonant absorbierte Strahlung gezählt. Untersucht wird häufig die Entwicklung dieser Spektren in Abhängigkeit von der Temperatur (T) und unter dem Einfluss eines statischen oder hochfrequenten externen Magnetfeldes (B).
Es gibt nun unterschiedliche Anordnungen mößbauerspektroskopischer Untersuchungen:
Anwendungen
[Im wesentlichen zusammengefasst aus: [4], S.168 ff. Weiterführend sei hier auf [3] und [5] verwiesen.]
Zwar wird in den meisten Fällen Eisen-Mößbauerspektroskopie betrieben, jedoch ist man keineswegs auf diese eine Sonde beschränkt. Die wichtigsten Mößbauer-Isotope sind neben Zinn, Antimon und Tellur auch die Gruppe der Seltenen Erden, z.B. Europium oder Dysprosium [5].
Einen Eindruck von der Anwendungsvielfalt mößbauerspektroskopischer Untersuchungen soll die folgende Aufzählung geben, ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Es können mit der Mößbauerspektroskopie die folgenden Probleme untersucht werden:
Literatur
[1] R. L. Mößbauer, Zeitschrift für Physik 151, 124 (1958).
[2] R. L. Mößbauer, Hyperfine Interactions 126, 1 (2000).
[3] H. Wegener, Der Mößbauer-Effekt und seine Anwendungen in Physik und Chemie - BI Mannheim (1966).
[4] M. von Ardenne, G. Musiol, S. Reball, Effekte der Physik und ihre Anwendungen - VEB Berlin (1962).
[5] D. Barb, Grundlagen und Anwendungen der Mößbauerspektroskopie - Akademie Verlag Berlin (1980).