Der Bereich des elektrischen Fliegens ist vollkommen neu und es besteht noch ein weites Feld an Grundlagenforschung, etwa was die Einflüsse von Temperatur, Luftdichte und Höhenstrahlung angeht. Etablierte Technik muss neu gedacht werden - Herausforderungen sind die Forderung nach hoher Zuverlässigkeit, hoher Leistungsdichte bei gleichzeitig maximalem Wirkungsgrad. Durch den Einsatz moderner Wide-Bandgap Halbleiter wie SiC und GaN kann diesen Ansprüchen genüge getan werden, die Herausforderungen in der Applikation und Validierung sind jedoch hoch. Dazu kommen grundlegende Fragen - mit welchen Treibstoff werden wir fliegen? Mit welcher Art von Triebwerken, mit wievielen Antrieben und welchen Flugzeugkonfigurationen? Wie wird die Energieübertragung und Umwandlung aussehen? Mit all diesen Dingen setzen wir uns am IMAB auseinander.
Neben den hier ebenfalls beschriebenen, zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten beschäftigt sich das IMAB auch mit den Bauelementen selbst. Hier wird zwischen aktiven und passiven Bauelementen unterschieden. Für die Untersuchung aktiver Bauelemente wie MOSFET’s und IGBT’s steht am Institut eine Schaltzelle zur Verfügung. Mit dieser kann das Schaltverhalten von Leistungshableitern unter verschiedenen Bedingungen wie Zwischenkreisspannungen, Treiberschaltungen, Kommutierungskreise etc. vermessen und untersucht werden. Messwerte wie z.B. die Schaltenergien lassen sich anschließend mit den vom Hersteller angegebenen Daten abgleichen.
Zur Untersuchung von passiven Bauelementen wie Drosseln oder Kondensatoren stehen ebenfalls mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Mithilfe eines Impedanzanalysators kann das frequenzabhängige Verhalten der Bauelemente bis 120 MHz untersucht werden. Auf diese Weise können z.B. verschiedene Wicklungsanordnungen miteinander verglichen und Berechnungsmethoden verbessert werden. Für die Bestimmung von Verlustleistungen steht am Institut ein Kalorimeter zur Messung der Wärmemengen zur Verfügung.
Im Jahr 2020 wurde ein neues Labor für die Bewertung der Zuverlässigkeit leistungselektronischer Bauteile eingerichtet. Das Zuverlässigkeitslabor ist direkt angebunden an zwei weitere Leistungselektroniklabore, welche eine Vielzahl an Equipment zur Verfügung stellen. Eine separate Energie-, Kühlwasserversorgung und ein Überwachungssystem ermöglichen einen 24-stündigen Betrieb. Eine performante Klimaanlage stellt beste Laborbedingungen her.
Die steigende geforderte Leistungsdichte in mobilen Anwendungen, die wachsende Bordnetzspannungen in elektrischen Systemen, der Einfluss schnell-schaltender Halbleiter sowie neue Einsatzgebiete mit neuartigen Umgebungsbedingungen sind große Herausforderungen. Mit Hilfe des Labors ist das IMAB in der Lage, die Zuverlässigkeit aktiver und passiver leistungselektronischer Bauteile bewerten zu können.
Als zentrale Einheit der modularen Testplattform dient ein Klimaschrank, welcher eine Anpassung der Umgebungsparameter (Luftfeuchte und Temperatur) erlaubt. Der Klimaschrank besitzt 600 l Prüfraumvolumen, kann Verlustleistungen bis 3,5 kW (bei -20 °C bis 100 °C) ausregeln und deckt einen weiten Klima- und Temperaturbereich ab. Mit Hilfe verschiedener Belastungsaufbauten können Kriechstrecken, Dielektrika, Isolationen in Windungen magnetischer Bauteile sowie Kondensatoren gezielt beschleunigt gealtert werden. Die selbst-designten Belastungsaufbauten werden durch einen echtzeitfähigen Controller (Ni cRIO) angesteuert und wichtige Kenngrößen können erfasst werden. Darüber hinaus kann das Verhalten der passiven Bauteile mit einem Impedanzanalyzer und entsprechenden Vorrichtungen erfasst werden.
Die aktiven Bauteile und deren Aufbau- und Verbindungsstrukturen werden durch den Power Cycler beschleunigt gealtert. Der Power Cycler, eine performante Stromquelle, verfügt über vier Kanäle a 600 A. Die Gehäusetemperatur der Bauteile kann durch eine Kühlplatte gezielt eingestellt werden. Über den Strom wird eine Temperaturänderung bewirkt. Die Aufbau- Verbindungstechnik mit ihren unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten kann somit beschleunigt gealtert werden. Ferner ist der Prüfstand in der Lage, Messgrößen der Alterung direkt zu erfassen. Zudem kann mit Hilfe des Power Cyclers auch das thermische Netzwerk aktiver Bauelemente ermittelt werden.
Eine Reihe moderner Verbrauchersysteme nutzt Gleichstrom, einige moderne regenerative Erzeugersysteme stellen Gleichstrom zur Verfügung. Gleichstromnetze (DC-Netze) stellen daher ein aktuelles Forschungsthema dar. DC-Netze stellen einerseits die Schutztechnik vor neue Herausforderungen. Klassische Fehlerdetektions- und Abschaltsysteme arbeiten mit Wechselstrom und können nicht verwendet werden. Anderseits werden als Bindeglieder zwischen Netzebenen, Einspeisesystemen und Verbrauchern DC/DC-Wandler benötigt. Sie können das Schalt- und Schutzhandlungen im DC-Netz beeinflussen, müssen aber auch u.U. hohe Leistungen bei hohen Spannungen führen können. Sicherheit, Zuverlässigkeit und Lebensdauer stehen daher im Fokus diverser Forschungsaktivitäten. Für mobile Anwendung kommt die Forderung nach hoher Leistungsdichte hinzu.
Hybride Elektrofahrzeuge und voll elektrische Fahrzeuge benötigen für unterschiedliche Versorgungsspannungen elektrische Antriebssysteme. Für die darin enthaltene Leistungselektronik (Wechselrichter, Gleichstromsteller, Filter) können neue Leistungshalbleiter wie GaN und SiC einen Beitrag zur Effizienz und Leistungsdichtesteigerung leisten. Aufbau- und Verbindungstechnik, Entwärmbarkeit, elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) sowie Filterdesign stellen dabei Herausforderungen dar.
Für Nebenaggregate mit hoch drehenden elektrischen Antrieben sind zudem alternative Topologien interessant. Zuverlässigkeit und EMV müssen jedoch gewährleistet sein und im Detail zu untersuchen.
Antriebe für industrielle Anwendungen stellen nach wie vor eine wichtige Applikation von Leistungselektronik dar. Die zur Verfügung stehende elektrische Energie soll dabei möglichst effizient genutzt werden. Das Thema Energieeffizienz ist daher ein wichtiger Treiber für weitere Untersuchungen. Das Potential neuer schnell schaltender SiC-Halbleitertechnologien wird für diese Anwendungen tiefergehend betrachtet. Insbesondere Antriebe mit langen Zuleitungen, die zusätzliche Filter benötigen, können von hochfrequent taktenden Antriebswechselrichtern profitieren. Der Aufbau der Kommutierungskreise mit SiC-Leistungsschaltern, EMV-Aspekte, das Zusammenspiel von Umrichter und Filterkomponenten sowie verschiedene Filterdesigns bilden dabei interessierende Forschungsfragen.
Während für on-bord-Ladegeräte Gewichts- und Volumenreduktion im Fokus des Forschungsinteresses stehen, liegt die Herausforderung bei off-bord-Ladestationen in den vergleichsweise hohen Leistungen. Topologisch ergeben sich daraus unterschiedliche Ansätze.
Für den Einsatz in HE- oder E-Fahrzeugen, z.B. in on-bord-Ladegeräte bis 7,2 kW, befinden Systeme mit resonant betriebenen DC/DC-Wandlern in der theoretischen und experimentellen Untersuchung. Der Einsatz von GaN-Leistungshalbleitern bei Schaltfrequenzen bis an die MHz-Grenze (fS ≤1MHz) ist hierfür sehr vielversprechend aber technisch auch herausfordernd. Nicht nur der Dimensionierung der aktiven Bauelemente sondern auch der passiven Komponenten kommt besondere Bedeutung zu. Für höhere Leistungen (von 11kW bis bis 500kW) bieten SiC-Leistungshalbleiter Chancen für kompakte passive Komponenten und damit Leistungsdichtesteigerungen.
Zu den heute üblichen Systemansätzen mit HF-Transformator bilden Transformator-lose Ansätze eine unter dem Kriterium Kompaktheit interessante Alternative. Auswirkungen auf die Sicherheit und EMV stehen dabei im Fokus der Untersuchungen.
Die Nutzung von Photovoltaik (PV) und Windenergie stellt eine Basis für die Umstellung der Energiegewinnung von fossilen Stoffen auf regenerative Energiesysteme dar. Aufgrund des fluktuierenden Angebots ist der Einsatz von Speichern in den Energieversorgungssystemen notwendig. Ein hohes Aufkommen von neuen elektrischen Verbrauchern wie z.B. Elektrofahrzeugen stellt die Energieversorgung dabei vor weitere neue Herausforderungen.
Die Netzeinspeisebedingungen erfordern bei diesen Systemen den Einsatz von Sinusfiltern. Regenerative Energiesysteme profitieren daher in besonderem Maße von schnell schaltenden Leistungshalbleitern wie SiC und GaN. Das schnelle Schalten erlaubt deutliche Taktfrequenzsteigerungen bei geringen Verlusten in den Leistungshalbleitern. Daraus resultiert die Option auf wesentlich kleinere Filter.
Für Systeme mit verschiedenen Quellen und Verbrauchern stellt sich darüber hinaus die Frage nach modularem, effizientem und kostengünstigem Aufbau, so dass eine unkomplizierte Erweiterung eines bestehenden Systems möglich wird.