Im menschlichen Körper befinden sich in der Bauchspeicheldrüse B-Zellen, welche Insulin produzieren und über dessen Abgabe an das Blut den Zuckerhaushalt regulieren. Am Institut für Pharmakologie der TU Braunschweig sind hierzu systematische Studien vorgenommen worden. Zum einen wurde das Verhalten größerer Zellverbände (Pankreasinseln) auf die Zugabe entsprechender Stimulanzien untersucht und im Hinblick auf zeitliche Änderungen der Insulinkonzentration ausgewertet. Auf der anderen Seite wurde mit einem speziellen Verfahren, basierend auf der TIRF-Mikroskopie, die Bewegung des Insulins in der Nähe der Zellmembran untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass sich Insulin in Form von Granulen durch die Zelle bewegt und nach einer gewissen Zeit die Zellmembran erreicht. An dieser bewegen sie sich in bestimmten Radien, bevor es nach einigen Sekunden zur Ausschüttung des Insulins (Exozytose) kommt. Darüber hinaus konnte basierend auf TIRF-Messungen eine Hypothese entwickelt werden, welche den Aufbau und die Rückbildung eines Aktin-Skeletts aufgrund einer Zugabe spezieller Substanzen mit der Menge und lokalen Verteilung der Granulen in Verbindung bringt. Dabei zeigte sich, dass an den Orten mit dichtem Aktin-Gitter wenige Granulen und bei weniger dichtem Aktin-Gitter entsprechend viele Granulen detektiert werden konnten. Am IDS wurde hierzu ein Modell basierend auf einem dreidimensionalen Zellulären Automaten entwickelt, welches die Bewegung der unterschiedlichen Arten von Insulingranulen an der Zellmembran sowie entlang des Aktin-Netzes beschreibt. Qualitative und quantitative Vergleiche zwischen Simulation und Experiment konnten hierzu durchgeführt werden und zeigen zum Teil sehr gute Übereinstimmungen.
Da das Signal für Insulinabgabe im Metabolismus der Beta-Zellen entsteht, sind die Mitochondrien, die durch oxidativen Abbau der Glukose maßgeblich zur ATP Bildung beitragen, von wesentlicher Bedeutung. Das ATP ist für den Schluss des ATP abhängigen Kaliumkanal notwendig. Dieser Prozess zieht den zytosolischen Calcium-Anstieg von extrazellulär nach sich, der durch Calcium Freisetzung aus den Mitochondrien weiter verstärkt wird. Hierdurch wird der Transport der Granula zur Plasmamembran und die Exocytose gesteuert. Dabei spielt die Architektur der Mitochondrien eine entscheidende Rolle für die Funktion. In einer Beta-Zelle existieren etwa 2000 einzelne Mitochondrien. Diese können sich zu kleineren Mitochondrien-Netzwerken verbinden, was eine Verringerung der Gesamt-Oberfläche, aber gleichzeitig einen effizienteren Austausch von Metaboliten zur Folge hat. Zur effizienten ATP Bildung sind ständige Fusionsprozesse einzelner Mitochondrien oder Netzwerke im Gleichgewicht mit der Teilung anderer Strukturen notwendig. Große Mitochondrien-Netzwerke, auch Cluster genannt führen zu einer Funktionseinschränkung und verminderten ATP Produktion. Die Teilung steht unter Kontrolle des Proteins Drp1. Es stellt sich somit je nach Konzentration von Drp1 ein Gleichgewicht zwischen Fusions- und Teilungsprozessen ein, welches gut durch eine Häufigkeitsverteilung von Mitochondrien-Netzwerk-Größen charakterisiert werden kann. Zu dieser Fragestellung sind an der Universität Rostock am Institut für Medizinische Biochemie und Molekularbiologie systematische Studien durchgeführt worden, bei denen die Menge an Drp1 in der Beta Zelle künstlich eingestellt und mittels Mikroskopie die Struktur der Mitochondrien in 3D untersucht wurde. Hierbei konnte aufgezeigt werden, dass sich unter der Reduktion von Drp1 die durchschnittliche Größe der Mitochondrien deutlich vergrößerte und damit einhergehend auch die Sphärizität abnahm. Am IDS konnten die Vorgänge der Teilung und Fusion modellgestützt validiert werden. Hierfür wurde ein Modell auf Basis eines Zellulären Automaten entwickelt, in welchem in 3D die einzelnen Mitochondrien verfolgt sowie Regeln für deren Fusion und Teilung formuliert werden.