Raymond Leopold Heydorn
Produktion und Charakterisierung von Biopolymeren zur Anwendung in elektrochemischen Energiespeichern
ibvt-Schriftenreihe (Krull, R. (Hrsg.)), Vol. 86,
Cuvillier-Verlag, Göttingen 2023
ISBN-13 (Printausgabe): 978-3-73697-800-3
ISBN-13 (E-Book): 978-3-73696-800-4
Im Zuge der Transformation vom fossilen Zeitalter zu erneuerbaren Ressourcen und kreiswirtschaftlichen beruhenden Prozessen, kann mit Hilfe der Biotechnologie u. a. die Entwicklung umweltfreundlicherer Energiespeicher voran getrieben werden, indem dafür notwendige, funktionell vielfältige Biopolymere mikrobiell synthetisiert und verfahrenstechnisch angepasst werden. Diese Dissertation widmet sich daher der Herstellung und Untersuchung von Biopolymeren als Binder oder Separator in wiederaufladbaren Li-Ionen- und Ni-Zn-Batterien.
Dafür wurden im ersten Teil der Arbeit γ-Polyglutaminsäure (γ-PGA, mit verschiedenen Molekulargewichten (MWs)) und Sphingan PS-EDIV biotechnologisch hergestellt und als Binder für Graphit-Anoden vergleichend mit anderen Polymeren in Li-Ionen-Batterien eingesetzt. Trotz rheologischer Unterschiede wie eines hohen elastischen Anteils der Sphingan-Binder-Lösung konnten mit allen Bindern Anoden hergestellt werden, die sich aufgrund struktureller Unterschiede der Polymere in ihrer mechanischen Stabilität unterschieden. Dabei trugen verzweigte, höhermolekulare Biopolymere zu einer besseren Haftfestigkeit bei. Die höchste elektrochemische Zyklen-Stabilität wurde für Xanthan (97%), eines der produzierten γ-PGAs (98%) und das Referenz-Polymer Polyvinylidendifluorid (97%) bestimmt. Diese ging jedoch mit abweichenden C-Raten-Abhängigkeiten einher, die sich aus den unterschiedlichen Viskositäten bei der Herstellung der Anoden-Slurries ableiten ließen. Für eine bessere Prozessierbarkeit wurde außerdem eine Binder-Kombination aus Sphingan und Carboxymethylcellulose verwendet, die neben hoher Haftfestigkeit jedoch auch eine geringere Zyklen-Stabilität (92%) induzierte, weshalb weitere Prozessoptimierungen auch für den Einsatz in Silizium-haltigen Anoden erforderlich sind.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Herstellung bakterieller Cellulose (BC) auf Basis der Sekundärrohstoffe Melasse, Vinasse und Bier-Resten untersucht, um das anschließend als Separator einzusetzende Biopolymer unter Berücksichtigung kreiswirtschaftlicher Wertschöpfungsketten zu produzieren. Dabei konnten z. B. durch die parallele Verwendung von Melasse und Bier-Resten als zum Referenz-Medium äquivalente Kohlenstoff- und Stickstoff-Quelle deutlich höhere BC-Konzentrationen (8,1 > 1,7 g L−1) erzielt werden. Der Fokus der Untersuchung galt jedoch auch dem Einfluss der Medien auf die strukturellen Eigenschaften des Polymers. So fand sich eine maßgebliche Verringerung der Kristallinität der BC bei Verwendung von Melasse und Vinasse, die auf in die Cellulose-Struktur eingelagerte Hemicellulosen zurückgeführt wurde, als auch eine Erhöhung des MWs der BC bei allen verwendeten Sekundärrohstoffen, die sich aus einer gleichmäßigeren Versorgung der Zellen mit BC-Vorläufermolekülen begründen könnte.
Die erfolgreiche Produktion von BC auf kreiswirtschaftlicher Basis begründete auch deren Charakterisierung und Anwendung als Separator in Ni-Zn-Batterien. Hierbei wurden verschiedene Separator-Dicken und -Strukturen untersucht, die sich durch variierende Elektrolyt-Aufnahmen und Diffusionskoeffizienten für Hydroxid- und Zinkat-Ionen unterschieden. Im Vergleich zum Glasfaser-Referenz-Material (GF) zeichneten sich die BC-Separatoren insbesondere durch eine vorteilhaftere Ionen-Selektivität aus, die eine Diffusion der im Rahmen der Zyklisierung entstehenden Zinkat-Ionen weg von der Anode reduzieren. Aufgrund einer geringeren Elektrolyt-Aufnahme und dadurch induzierten stärkeren Passivierung der Zn-Anode wies die Kombination aus zwei BC-Separatoren jedoch eine geringere Zyklen-Stabilität (27%) als der GF-Separator (53%) auf, dem durch die weitere Optimierung der Separator-Struktur und der Anwendung fortgeschrittener Anoden beigekommen werden kann.
Insgesamt wurde im Rahmen der Dissertation das Potential zur Anwendung von Biopolymeren in wiederaufladbaren Li-Ionen- und Ni-Zn-Batterien aufgezeigt, deren Nutzung sich jedoch nicht im Vorteil der Umweltfreundlichkeit erschöpft, sondern auch im Hinblick auf die Anpassung struktureller und funktioneller Eigenschaften der Biopolymere durch biotechnologische Verfahren vielversprechend bleibt.