Menschen werden überall auf der Welt zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gehandelt. Festzuhalten ist jedoch, dass Menschen meist von armen in reichere Länder deportiert werden. Grund dafür sind sozio-ökonomische Diskrepanzen wie Arbeitslosigkeit oder geschlechterspezifische Diskriminierung zwischen Herkunfts- und Zielland [4]. Armut allein ist trotzdem kein ausschlaggebender Faktor für das Vorhandensein von Menschenhandel in einem Land. Vielmehr besteht der Faktor in der Kombination von Entwicklungsunterschied zwischen Herkunfts- und Zielland mit deren geographischer Nähe zueinander [5].
Menschenhandel wird als einer der profitabelsten Märkte organisierter Kriminalität angesehen [4]. Im Jahr 2012 versuchte die ILO auf Basis der in 2006 erhobenen Daten eine Annäherung an den ungefähren Profit, den kriminelle Akteure mit dem illegalen Handel von Menschen verdienen. Zu beachten ist dabei, dass es sich um ältere Daten handelt, die sich mittlerweile verändert haben können. Sie errechneten folgende Zahlen: der Profit des gesamten weltweiten Menschenhandels umfasst etwa 150,2 Milliarden USD. Dabei wurden 2/3, also 99 Milliarden USD, des gesamten Profits durch die sexuelle Ausbeutung erwirtschaftet [6]. In Asien und Europa sind die erwirtschafteten Profite am höchsten, was auf die hohen Fallzahlen in Asien (31,7 Milliarden USD) und die hohen Renditen in der EU (26,2 Milliarden USD) zurückzuführen ist. Die Profite pro Person sind in der Branche der sexuellen Dienstleistungen am höchsten, was durch die hohe Nachfrage und die steigenden Preise zu erklären ist. Der Profit pro ausgebeutete Person pro Jahr beträgt im Durchschnitt 21,800 USD [6].
Zusätzlich dazu, dass die kriminellen Akteure hohe Einnahmen durch die sexuelle Ausbeutung haben, verlieren die Staaten, in denen die Ausbeutung stattfindet, viel Geld durch die Nichtzahlung von Steuern [6]. Es handelt sich um einen wachsenden Markt, dessen Wachstum durch globale, aber auch regionale Faktoren erklärt werden kann. Maßgeblich ist das Wachstum jedoch durch die Folgen der Globalisierung zu erklären [7]. Die Globalisierung bringt für kriminelle Netzwerke Vorteile wie die gesteigerten Informations- und Warentransfers, die zu einer Verringerung der Transport- und Logistikkosten führen und den Informationsaustausch sowie die Nutzung von Netzwerken erleichtern [3]. Die weltweite Vernetzung führte zu einer wachsenden Wirtschaft, welche große Diskrepanzen zwischen Entwicklungs- und Industrieländern schafft. Um auf dem Weltmarkt konkurrieren zu können, müssen Märkte mit günstigen und schnell verfügbaren Konsumgütern und Leistungen (auch sexuelle Dienstleistungen) dienen können. Das lässt die Nachfrage nach günstigen Arbeitskräften und Prostituierten steigen [7]. Wie viele Menschen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung gehandelt werden, ist abhängig von „supply and demand between sending and receiving countries“ [8]. Durch die großen Migrationsströme ist der Menschenhandel leicht zu verstecken. Durch die Globalisierung stieg zudem der globale Sextourismus [9].
Der Ablauf des Sex Trafficking kann in vier Phasen unterteilt werden. Die Rekrutierung stellt die erste Phase des kriminellen Aktes dar. Die zweite Phase stellt den Transfer der Personen zur Landesgrenze des Ziellandes dar. Die dritte Phase beinhaltet den Grenzübertritt und damit das Gelangen in das Zielland. Die vierte Phase erfolgt durch sexuelle Ausbeutung [3]. Kriminelle Akteure wählen Städte und Regionen speziell danach aus, wie einfach sie dort Frauen rekrutieren können [8]. Personen, die aus ärmeren Ländern stammen, in denen kaum Arbeitsplätze zur Verfügung stehen oder politische Konflikte herrschen, sind also besonders gefährdet, in die Hände von Menschenhändler*innen zu gelangen [7]. Die Folgen von bewaffneten Konflikten können die schlechte ökonomische, politische und soziale Lage von Opfern verstärken und zwingen das Opfer zur Flucht aus dem Heimatland. Aus diesem Grund werben kriminelle Akteure ihre Opfer oft in Staaten an, in denen humanitäre Not, Konflikte oder Krieg herrschen, da die Hoffnung auf ein besseres Leben und die Bereitschaft das Land zu verlassen, groß ist [10]. Personen, die in derartig prekären Verhältnissen leben oder aus Gegenden in kriegsähnlichen Zuständen stammen, lassen sich oft aus finanziellen Beweggründen auf einen Transfer in ein anderes Land ein [9][11].
Die Organisierte Kriminalität stellt als Hauptakteur einen maßgeblichen Faktor in der Organisation und der Durchführung des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung dar. „Transnationale Organisierte Kriminalität (TOK) wird häufig als eine der größten Sicherheitsgefahren des 21. Jahrhunderts gesehen“ [12]. Die Transnationale Organisierte Kriminalität kann als breites Spektrum ökonomisch motivierter illegaler Tätigkeiten umschrieben werden [3]. Als transnational werden organisierte kriminelle Gruppen dann eingeordnet, wenn die Straftaten oder deren Planung in mehr als einem Staat begangen werden, beziehungsweise deren Auswirkungen mehrere Staaten betreffen [13].
Im asiatischen Raum finden sich chinesische Syndikate, sowie die Triaden und Yakuza. Die Triaden können beschrieben werden als „a collection of freely associated gangs with connections around the world including over 300 gangs in China and Southeast Asia alone“ [14]. Diese sind in großen Teilen maßgeblich am Transfer von Opfern beteiligt, unter anderem führen sie Transporte von den Philippinen nach Macau, Hong Kong und Japan durch, oder organisieren den Transport durch Transitländer [14]. Menschenhändler*innen kaufen Tickets für den Transport und zahlen die anfallenden Ausgaben für die Reise ins Zielland, um diese später „greatly inflated“ von den Opfern zurückzuverlangen, was diese dazu zwingt, die hohen Summen durch die Ausübung von Prostitution zu erwirtschaften [8].
Minderjährige Personen werden häufig durch Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder ihrem direkten Umfeld entzogen [3][11]. Erwachsene Personen hingegen werden häufig offiziell über Arbeitsvermittlungsagenturen und Zeitarbeitsfirmen angeworben. Opfern werden beispielsweise Jobs als Haushälter*innen, Au-Pair, Modelle oder im Entertainment-Bereich angeboten, um Sex Trafficking zu kaschieren [9][11]. Auf den Philippinen zeigt sich, dass diese Agenturen teilweise von staatlicher Seite autorisiert werden, wobei die erlangten Lizenzen gegebenenfalls durch Korruption erlangt werden [14]. In der Ukraine sind außerdem legale und registrierte Reisebüros auszumachen, die den Transport von Frauen organisieren [8]. Auch Organisationen und Agenturen, die sogenannte Katalogbräute - auch Mailorderbrides (MOBs) genannt – vermitteln, stellen eine Rekrutierungsmöglichkeit für illegale Akteure dar. MOBs sind Frauen, die über einen Katalog, oder inzwischen häufiger über Websites im Internet nach den Wünschen von Kund*innen ausgesucht werden können. Auch diese Frauen werden meist aus wirtschaftlich weniger gut situierten Staaten in reichere Regionen vermittelt [11]. Die auf den ersten Blick legal arbeitenden MOB-Agenturen können als Fassade für Rekrutierer*innen des Sex Trafficking dienen [8].
Korruption spielt beim Sex Trafficking nicht nur eine nebensächliche Rolle, sondern kann als zentrales Problem eingeordnet werden [11][14]. Unter low-level- Korruption ist die Bestechung einzelner, niedrig-rangiger Beamt*innen der Strafverfolgungsbehörden zu verstehen, die beispielsweise für ihr Nichteingreifen beim Bemerken einer Rekrutierung oder die ausbleibende Kontrolle von Pässen an Landesgrenzen bezahlt werden [8][14]. Auch fehlende Reisedokumente, die zum Grenzübertritt benötigt werden, werden von korrupten Beamt*innen unrechtmäßig ausgestellt [8]. Da Grenzen durch ihre Kontrollen Momente der Sichtbarkeit krimineller Handlungen schaffen [12], erlaubt derartige Korruption, Sex Trafficking einfacher durchzuführen. High-Level-Korruption andererseits wird genutzt, um hochrangige Beamt*innen, Politiker*innen und andere Personen in Machtpositionen zum Fällen von bürokratischen und rechtlichen Entscheidungen zu bringen, die im Sinne der Täter*innen stehen [14].
Zwischen 2007 und 2010 konnten ungefähr 460 einzelne Handelsrouten identifiziert werden, wobei circa 75% als kurz oder mittellang eingestuft wurden. Derartige Routen führen nicht aus dem Ausgangsland beziehungsweise der Ausgangsregion heraus [2]. Das zeigt sich unter anderem am Beispiel Südostasien. Personen, die aus Südostasien stammen, bleiben oft in dieser Region und wechseln lediglich von ärmeren in reiche Länder [3]. Global betrachtet gehen die meisten Handelsrouten von Ost-Asien aus. Personen aus Ost-Asien werden in eine große Anzahl anderer Länder verbracht, hauptsächlich nach Japan, Taiwan, China und Thailand [2]. Die restlichen 25% der Handelsrouten führen häufig durch mehrere Transitländer und -regionen, wie Südosteuropa, in andere wohlhabendere Regionen. Der Transport eines Opfers ist kein einmaliges Ereignis. Opfer werden unter anderem zum regelmäßigen Wechsel zwischen Bordellen und Städten gezwungen, wie das Beispiel der Philippinen zeigt [14]. Dies dient dem Zweck, den Opfern möglichst wenige Chancen zu bieten, sich Hilfe oder Vertrauenspersonen zu suchen, sich an die Umgebung zu gewöhnen oder die lokale Sprache zu erlernen, um das Ausbeutungsverhältnis zu verlassen [14]. An Landesgrenzen, an denen keinerlei oder nur marginale Kontrollen stattfinden, ist es besonders einfach, Personen unerkannt zu transportieren. Wenn Kontrollen stattfinden, werden die gegebenenfalls fehlenden Reisedokumente der gehandelten Menschen von anderen kriminellen Akteuren bezogen, die Dokumentenfälschung betreiben [8]. Zwischen 2007 und 2010 wurden Opfer 136 verschiedener Nationalitäten ausgemacht, die in 118 verschiedene Staaten transportiert wurde [2]. Die Handelsrouten und die genutzten Instrumente des Sex Trafficking variieren stark aufgrund geographischer Begebenheiten. So findet beispielsweise der Transfer zwischen den über 7000 philippinischen Inseln meist per Fähre oder Bus statt [14].