Das Netzdynamiklabor, der Name ist Programm: Hier werden aktuelle Forschungsthemen zur Integration von Erzeugungs- anlagen erneuerbarer Energieträger in das Niederspannungsnetz untersucht. Der Fokus liegt auf hochdynamischen, transienten Vorgängen – Zielmarke: Millisekunden bis wenige Sekunden.
Ein engagiertes Team bestehend aus wissenschaftlichem Personal, hilfswissenschaftlichen Kräften und unserer institutseigenen Werkstatt arbeitet dabei tatkräftig zusammen. Ein Labor und sein Team stellen sich vor:
Über das Labor - Zentrale Fragestellungen
Ziel der Untersuchungen im Netzdynamiklabor ist es, die Energiewende voraus zu denken. Während sich die Stabilität herkömmlicher Energieversorgungssysteme vor allem auf generatorbasierte Großkraftwerke aus höheren Spannungsebenen stützt, wandelt sich die Einspeisestruktur derzeit sehr stark. Es kommt vermehrt zu dezentraler Einspeisung aus umrichterbasierten, kleineren Anlagen aus niedrigeren Spannungsebenen. Erzeugungsanlagen erneuerbarer Energieträger geben ihre Leistung über Umrichter ans Netz ab und unterscheiden sich so von herkömmlichen thermischen Kraftwerken, welche mittels großer Synchrongeneratoren Leistung bereitstellen. Die Anforderungen an moderne Erzeugungsanlagen im Hinblick auf ihr Verhalten in einem hochvolatilen, dynamischen Netz sind vielfältig und aufgrund ihrer leistungselektronischen Charakteristik, der Kommunikationsstrukturen und ihrer Ausregelung einem hohen Maß an Komplexität unterlegen.
Mittels Szenarien, in denen diese zukünftige Stromversorgungsinfrastruktur bereits heute im Labor abgebildet wird, sollen Chancen als auch Herausforderungen bei der Versorgung mit hohem Anteil erneuerbarer Energien und der Elektromobilität im Voraus erkannt und untersucht werden.
Dies bedeutet grundlegende Änderungen in der Charakteristik zukünftiger Netzinfrastrukturen, unter denen das Zusammenspiel von konventionellen und neuartigen Energieversorgungsanlagen und Regelungen zur Sicherung der Netzstabilität laufend neu bewertet werden muss. Im Netzdynamiklabor findet sich die hierfür passende Infrastruktur: Flexibel anzuordnende Quellen, Netznachbildungen, Lasten, Erzeugungsanlagen, frei parametrierbare Vollumrichter und Power-Hardware-In-The-Loop Echtzeitsimulatoren ermöglichen die Abbildung verschiedenster Szenarien, insbesondere auch kritischer Situationen: vieles, was man in der realen Energieversorgungsinfrastruktur nicht sehen will, kann hier zunächst einmal folgenlos erprobt und durchfahren werden.
Die Laborumgebung konzentriert sich also im Speziellen auf Versuche und Szenarien, welche sich mit besonderen Belastungssituationen von Netzkomponenten sowie dem netzdien- lichen Potenzial dezentraler Erzeugungsanlagen auseinander setzen.
Das Netzdynamiklabor als Dienstleister für Forschung und Industrie
Über den Forschungsalltag hinaus bearbeiten wir auch regelmäßig externe Aufträge für externe Partner – vom Start-Up bis zu größeren Industriekunden.
Im Zentrum stehen für unsere Auftraggeber vor allem Fragestellungen zur sicheren Betriebsführung von Betriebsmitteln, Soft- und/ -oder Hardwarekomponenten im Umfeld einer abbildbaren Niederspannungsumgebung.
Typische Aufträge für Externe umfassen:
Die zentrale Frage unseres Energieversorgungssystems der nächsten Jahre wird der stabile Übergang auf eine CO2-neutrale Stromversorgung sein. Technisch bedeutet dies den Übergang von einem primär durch Synchrongeneratoren von fossilen Kraftwerken definierten Netz hin zu einer durch die Umrichter von regenerativen Anlagen betriebenen Netzstruktur. Hiermit ändert sich in vielen Punkten das grundsätzliche Verhalten der Energieversorgungsinfrastruktur. Grund genug, um diesen Übergang im Labor zu erproben. Zu diesem Zweck bietet das Netzintegrationslabor einen gekoppelten Maschinensatz, um Untersuchungen im Netzparallelbetrieb von Umrichtern und Synchronmaschine unter Laborbedingungen zu testen.
Aktuell wird der Maschinensatz im Labor installiert und ersten Testläufen unterzogen. Das eigens angefertigte Konzept zum Schutz von Personen und Hardware, die Ansteuerung der Maschine sowie die Koordination verschiedener am Betrieb beteiligter Komponenten ermöglicht einen sicheren Laborbetrieb für alle künftigen Versuche. So umfasst der aktuelle Versuchsfokus die Reaktion von Netzkomponenten auf schnelle, meist durch Fehler hervorgerufene Sprünge der Netzphase und amplitude. In diesen tendieren Maschinen dazu, zu pendeln, sind aber in der Lage, das Netz durch Abgabe kurzzeitiger hoher Überströme zu stabilisieren. Umrichter können flexibler agieren, sind aber im Überstrom stark begrenzt. Können sich diese Systeme im Übergang ergänzen? Wie lässt sich das Netz mit verschiedenen Durchdringungsgraden von Umrichtern und Maschinen stabil betreiben? Wie gilt es, Umrichterregelungen hierfür auszulegen? Das Netzdynamiklabor lädt zur Untersuchung dieser Fragestellungen ein.
Die Tests in unserem Labor bieten einen entscheidenden Vorteil für unsere Forschung: Szenarien oder Verhalten, die in abstrahierten und notwendigerweise vereinfachten Simu- lationen erdacht worden sind, können unter realistischeren Bedingungen verifiziert werden. Diese Versuche sind oft aus- sagekräftiger, Regelungen können den Beweis ihrer korrekten Funktionsweise erstmals in der echten Welt antreten. Bevor Regelungen in Hardware implementiert werden, bietet es sich jedoch an, ihre Funktionsweise in flexibleren Einbettungs- szenarien zu testen. Um Netzfehler und Reglerverhalten im Millisekundenbereich abbilden zu können bedarf das Labor einer integrierten Mess- und Steuerungsmöglichkeit, welche in diesen Bereichen zuverlässig und verzögerungsfrei arbeitet.
Zu diesem Zweck wurde das Labor um einen rechenstarken Echtzeitsimulator ergänzt. Der Echtzeitsimulator ermöglicht es, hybride Anwendungsfälle aus Simulation und Hardware in Echtzeit zu ermöglichen. Das hat mehrere Vorteile: Simulationen können schrittweise in das Labor überführt werden. Ein Teil des Versuchsaufbaus wird von Laborgeräten übernommen, der Rest findet im Simulator statt. Geräte und Simulationsmodell arbeiten dabei parallel und in Echtzeit zusammen. Ursachen für Abweichungen zwischen Simulation und Laborversuch können so besser und kleinschrittiger isoliert und gefunden werden. Im Gegensatz zum Labor ermöglicht ein Simulator die flexible Abbildung von Elementen des Niederspannungsnetzes, z.B. Maschinen unterschiedlicher Trägheiten, Batterien mit unterschiedlichen Leistungen, Netze mit unterschiedlichen Anordnungen, welche im Labor nur mit hohem Aufwand nachzustellen wären – all das lässt sich hier einfach per Mausklick ändern. Fehlerfälle in spannungsführenden Elementen können in Simulationen abgebildet werden, ein Vorteil für die Personensicherheit und den Geräteschutz.
Mehrere hilfswissenschaftliche Mitarbeitende sind regelmäßig im Einsatz, um wissenschaftliche Mitarbeitende im Labor zu unterstützen. Unter Anderem bei Aufgaben wie der softwareseitigen Implementierung und Ansteuerung von Komponenten im Labor mittels Programmen wie LabVIEW oder MATLAB/Simulink, aber auch der Installation von elektrischen Komponenten oder Hardware im Labor können Studierende praktische Erfahrungen im Bereich der Elektroinstallationen, aber auch im Bereich der anwendbaren Theorie von Regelungs- und Messtechnik sammeln.
Verschiedenste Komponenten wie Wechselrichter, AC- und DC-Quellen und Lasten aber auch ein 50 kVA Einzelstrangregler ermöglichen es, im Labor einen vollständigen Niederspannungsstrang nach- bzw. abzubilden. Um die Niederspannungsumgebung zu vervollständigen können bis zu 1,8 km Niederspannungskabel mittels flexibel einstellbaren Widerständen und Induktivitäten nachgebildet werden.
Ein leistungsstarkes und genaues Messystem mit 16-Bit Messauflösung und einer Abtastrate von 500 kS/s ermöglicht ein genaues und präzises Arbeiten. Spannungen bis ±1400 V und Ströme bis zu 200 A können an verschiedenen Messpunkten in der Laborumgebung aufgenommen und verarbeitet werden.
Einige Kernelemente und Versuchskomponenten, welche die zentralen Kernpunkte des Labors definieren, sind im Folgenden zu finden: