Das Projekt B2.3 "Active load Reduction for enabling a 1-G wing using fOrward-looking and distributed sensors" (ARGO) erforscht aktive Böenlastabminderungskonzepte für zukünftige Verkehrsflugzeuge. Da Böenlasten aktuell ein wichtiger Faktor für die Strukturdimensionierung sind, kann eine aktive Böenlastabminderung wesentlich dazu beitragen, dass der Kraftstoffverbrauch aufgrund einer leichter ausgelegten Struktur verringert wird.
Das Projekt ARGO zielt darauf ab, die Böen- und Manöverbelastung auf ein Niveau zu reduzieren, das einem stationären Flug von 1 bis 1,5 g entspricht. Das bedeutet, dass das Flugzeug Lasten mit hoher Zuverlässigkeit dauerhaft und unter allen Flugbedingungen abmindern muss. Damit die Dimensionierung der Flügelstruktur auf der Grundlage der maximalen Lasten so nah wie möglich an den 1g-Lasten bei effizientester Auftriebsverteilung liegen, müssen verschiedene neue Technologien entwickelt und ausgereift werden. Diese Technologien können passiv (z. B. aeroelastische Anpassungen) oder aktiv (z. B. Böen- und Manöverlastminderung) sein. Mit dem drastisch reduzierten Flügelgewicht wird erwartet, dass der Flügel viel flexibler ist, was die Notwendigkeit erhöht, mehrere Aktuatoren entlang des Flügels zu verwenden. Abhängig der Flugzeugkonfiguration können das Standardaktuatoren sein wie Querruder, Klappen, Spoiler, aber für zukünftige fortschrittliche Flugzeugekonfigurationen kommen auch aktive Strömungskontrolle, morphende Strukturen, flexible Steuerflächen oder verteilte Antriebe infrage, welche jeweils in anderen Projekten von B2 untersucht werden. Bei der Untersuchung aktiver Lastabminderungstechnologien müssen verschiedene Technologien kombiniert werden: 1) Sensorsysteme, die relevante Informationen für die aktive Lastabminderung erfassen können, 2) Aktuatorsysteme mit ausreichend Freiheitsgraden und genügend Stellautorität und 3) Regelungskonzepten, welche geeignete/optimale Stellsignale auf Basis des von der Sensorik detektierten aktuellen Systemzustands berechnen.
Die Flugmechanik wird untersucht, außerdem werden das Betriebskonzept und die Anforderungen erarbeitet. Hierfür wird ein Flugdynamikmodell erstellt und eine neue physikalische Modellreduktion wird entwickelt, um Modelle reduzierter Ordnung zu generieren, die für den Reglerentwurf mit physikalisch interpretierbaren Parametern verwendet werden können. Zudem werden Anforderungen an Sensoren, Sensornetzwerk und Aktoren definiert. Das Konzept beinhaltet neue aktive Stellglieder, die über den Stand der Technik hinausgehen.
Es werden Methoden der Flugregelung zur aktiven Lastreduzierung unter Verwendung zukunftsorientierter Sensoren verwendet und entwickelt. Für das ausgewählte SE²A-Referenzflugzeug wird zum einen eine robuste Flugregelung für die aktive Lastabminderung entworfen. Darüber hinaus werden Methoden entwickelt, um Flugregelungen auf flexible Weise auf komplexe Flugzeugkonfigurationen anzuwenden. Es wird ein Tool entwickelt, das eine schnelle und flexible Gestaltung von Flugregelungen zur aktiven Lastabminderung ermöglicht. Um Untersuchungen zum Systemverhalten und zur Robustheit zu ermöglichen und die Leistung des Gesamtsystems über den Stand der Technik hinaus zu verbessern, werden mathematische Modelle basierend auf Bayes'schen Methoden unter Berücksichtigung von Unsicherheiten in Sensordaten und anderen Parametern kalibriert.
Ein Schlüsselelement des Projekts ist die Bewertung und das Benchmarking vollständiger Lastabminderungssysteme und -architekturen. Dazu müssen die Fähigkeiten jeder Kombination von Sensoren und Aktoren auf faire und reproduzierbare Weise bewertet werden. Die Fairness der Bewertung beinhaltet klare, objektiv messbare Bewertungskriterien und die Notwendigkeit eines ähnlichen Maßes an Aufmerksamkeit / Verfeinerung für das jeweilige Design für jedes Regelungskonzept. Zuverlässigkeit und Robustheit der erreichten Lastabminderung (d. h. Belastbarkeit in Fehlerfällen und Auswirkungen von Unsicherheiten) sind wichtige Ergebnisse dieser Bewertung. Die Zertifizierbarkeit wird in Hinblick auf aktuelle Zertifizierungsspezifikationen und Änderungsvorschläge untersucht. Die Auswirkungen von Unsicherheiten sind zu bewerten, indem Unsicherheiten über das gesamte System (nicht nur das Flugsteuerungssystem) propagiert werden. Die Ergebnisse werden iterativ mit ICA-B5.1 geteilt, um die Konfiguration des Referenzflugzeugs mit mittlerer Reichweite zu aktualisieren.
Ein zuverlässiges System zur aktiven Lastminderung für verschiedene Flugbedingungen muss Unsicherheiten, z.B. in der flugdynamischen Modellierung oder in aerodynamischen Parametern, berücksichtigen. Aus diesem Grund wird die Forschung an aktiven Böenlastabminderungskonzepten mit Methoden zur Quantifizierung von Unsicherheiten begleitet.
Hierfür werden moderne probabilistische Berechnungsmethoden in den Entwicklungsprozess mit eingebunden, um die hohen Anforderungen an die Robustheit und Zuverlässigkeit des Systems sicherzustellen. Stochastische Ersatzmodelle werden verwendet um Unsicherheiten effizient durch das System zu propagieren und Bayes‘sche Methoden zur Modellkalibrierung und Selektion unter Unsicherheiten genutzt.
Aus den Ergebnissen der Unsicherheitsanalyse können die Sensor und Aktuator Anforderungen für ein robustes System spezifiziert werden. Die untersuchten Methoden stellen nicht nur eine wichtige Beurteilungsgrundlage für Ingenieure für den Entwicklungsprozess dar, sondern sind auch essentiell um Sicherheitsnachweise für Zulassungsbehörden zu erfüllen.
Dr.-Ing. Meiko Steen
Institut für Flugführung
+49 531 391 9837
Dr. Nicolas Fezans
Institut für Flugsystemtechnik, Flugdynamik und Simulation
+49 531 295-2653
Jun.-Prof. Dr.-Ing. Ulrich Römer
Institut für Dynamik und Schwingungen
+49 531 391 62120
Institut für Flugführung
Technische Universität Braunschweig
Hermann-Blenk-Str. 27
D-38108 Braunschweig
Institut für Flugsystemtechnik, Flugdynamik und Simulation
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Lilienthalplatz 7
38108 Braunschweig
Institut für Dynamik und Schwingungen
TU Braunschweig
Schleinitzstraße 20
38106 Braunschweig