Auf 4.718 Meter über dem Meeresspiegel war Dr. Anja Schwarz vom Institut für Geosysteme und Bioindikation der Technischen Universität Braunschweig kürzlich zu Forschungszwecken unterwegs. Die Biologin nahm an einer internationalen Bohrkampagne am Nam Co, dem höchstgelegenen Salzsee der Welt, teil. In einer Wassertiefe von rund 94 Metern wurden insgesamt knapp 1.400 Meter Seesediment erfolgreich geborgen. Dabei wurde eine maximale Bohrtiefe von mehr als 500 Metern erreicht. Anhand dieser Sedimente kann nun die Klimageschichte der letzten rund eine Million Jahre rekonstruiert werden.
Vier Wochen verbrachte Dr. Anja Schwarz auf dem Tibet-Plateau, um gemeinsam mit Wissenschaftler*innen aus China, Deutschland, Großbritannien, der Schweiz, den USA und Frankreich das wertvolle Forschungsmaterial zu gewinnen. Der Nam Co See ist mit einer Fläche von mehr als 2.000 Quadratkilometern der drittgrößte See auf dem Tibet-Plateau und damit fast vier Mal so groß wie der Bodensee. Aus Voruntersuchungen ist bekannt, dass die Sedimentdicke des derzeit etwa 100 Meter tiefen Sees fast einen Kilometer beträgt. „Ein unfassbar wertvolles Archiv für die Klimaforschung, aber auch für die Erforschung der Biodiversitätsentwicklung in hochgelegenen Ökosystemen und von Veränderungen des Erdmagnetfeldes“, sagt Dr. Anja Schwarz.
Das Projekt konnte nur durch jahrelange Vorbereitung unter Einbeziehung der Expertise aus aller Welt, unter anderem des Instituts für Geosysteme und Bioindikation der TU Braunschweig unter der Leitung von Professorin Antje Schwalb, und der langjährigen chinesischen Kooperationspartner*innen organisiert und durchgeführt werden.
Forschung unter erschwerten Bedingungen
„Allerdings war die Feldarbeit vor Ort eine große Herausforderung“, berichtet Anja Schwarz. Die Lage des Sees auf 4.718 Metern über dem Meeresspiegel erfordert eine schrittweise Anpassung mit vorübergehenden Kopfschmerzen, Übelkeit und Schlaflosigkeit. „Zum Glück kannte ich das schon von früheren Feldarbeiten am Nam Co und konnte mich darauf einstellen“, so die Wissenschaftlerin. Hinzu kamen schwierige Wetterbedingungen wie Sturm, heftige Regenschauer, Gewitter, starke Sonneneinstrahlung und extreme Temperaturschwankungen, die mit zunehmendem Monsuneinfluss die Bohrkampagne immer mehr erschwerten. Dann musste die Arbeit auf der Bohrplattform aus Sicherheitsgründen unterbrochen werden oder eine Schicht konnte die folgende nicht wie geplant nach zwölf Stunden ablösen, weil das Transportboot wegen hoher Wellen nicht fahren konnte.
„Dennoch war die Zeit am Nam Co für mich eine wertvolle Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin“, blickt Dr. Anja Schwarz auf die Bohrkampagne zurück. „Teil eines so wichtigen Projekts zu sein, ist überwältigend. Die Arbeit auf der Plattform und im Feldlabor hat auch großen Spaß gemacht und bot die Möglichkeit, andere Wissenschaftler*innen besser kennenzulernen, Ideen auszutauschen, neue Forschungskooperationen zu knüpfen und bestehende zu festigen.“
Nachdem am Institute of Tibetan Plateau Research (ITP) in Lhasa bereits erste Messungen an den Sedimentkernen vorgenommen wurden, wird das Material in den nächsten Monaten von Wissenschaftler*innen verschiedenster Forschungsdisziplinen in Peking geöffnet und anschließend beprobt.
Kontakt
Dr. Anja Schwarz
Technische Universität Braunschweig
Institut für Geosysteme und Bioindikation
Langer Kamp 19c
38106 Braunschweig
Tel.: 0531 391-7272
E-Mail: anja.schwarz(at)tu-braunschweig.de
www.tu-braunschweig.de/igeo
Nam Co Bohrkampagne
Mit ihren Untersuchungen am Nam Co will das internationale Forschungsteam dazu beitragen, das zukünftige Klima besser vorhersagen zu können. Da fast ein Drittel der Weltbevölkerung von der Wasserversorgung auf dem tibetischen Plateau abhängt, wird die Entwicklung des Monsuns in der Region erhebliche Auswirkungen haben.
Weitere Informationen:
www.icdp-online.org/projects/by-continent/asia/namcore-china/
Meldung von Bianca Loschinsky im MAGAZIN der TU Braunschweig