Der etwa 220 ha große und ca. 40 m tiefe Schliersee befindet sich auf rund 780 m ü. NHN in den Bayerischen Voralpen. Er ist ein beliebtes Erholungsgebiet und wie die dicht besiedelten Alpen insgesamt, stark vom aktuellen Klimawandel betroffen. Der heute mesotrophe Schliersee zeigte bereits in der Vergangenheit erste Auswirkungen menschlicher Aktivitäten, sichtbar in Form von Massenentwicklungen von Cyanobakterien, aber auch Sauerstoffarmut in der Tiefe des Gewässers.
In unserem Projekt wollen wir gemeinsam mit Kolleg*innen des Instituts für Geographie der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Paläohydrologie und Entwicklung des Gewässers in den letzten ~ 4000 Jahren rekonstruieren. Am IGeo nutzen wir dafür schwerpunktmäßig Diatomeen, die ideale Bioindikatoren für Umweltrekonstruktionen sind. Ihre robusten und artspezifischen Schalen bleiben in Seesedimenten zumeist über Jahrtausende erhalten. Mit der Analyse der ehemaligen Diatomeen-Artengemeinschaften erhält man schließlich ein Bild über die Gewässerqualität in der Vergangenheit. Da Diatomeen vor allem bezüglich des Nährstoffgehaltes sehr sensibel reagieren, können anthropogen verursachte Veränderungen der Wasserqualität besonders gut rekonstruiert werden. In unserem Projekt verknüpfen wir die taxonomische Identifikation mittels der Diatomeen-Schalenmorphologie sowie genetischen Analysen, wie das Metabarcoding, um die Diatomeengemeinschaften der letzten ~ 4000 Jahre zu rekonstruieren und die Einflüsse menschlicher Aktivitäten auf den See zu identifizieren. Dazu wurden in den Jahren 2021, 2022 und 2023 mehrere Sedimentkerne gezogen, die insgesamt fast 10 m abdecken.
Kolleg*innen des DSMZ in Braunschweig, die ebenso an den Bohrkampagnen beteiligt waren, arbeiten parallel an dem Mikrobiom der tieferen Sedimentschichten. Denn Sedimente sind nicht nur hervorragende Archive zur paleolimnologischen oder -klimatischen Rekonstruktion, sie beherbergen an der Sedimentoberfläche und selbst in größeren Sedimenttiefen noch aktive Mikroorganismen, die weiterhin das organische Material im Sediment abbauen und so in die Stoffkreisläufe eingreifen, die "deep biosphere". Über eine Sedimenttiefe von fast 9 m erforscht liegt der Fokus hierbei einerseits auf der wechselseitigen Beeinflussung von Habitat und mikrobieller Gemeinschaft und andererseits auf dem Potential der Mikroorganismen als paleolimnologische Proxys zu dienen.